Solingen Der Maler Armin Mueller-Stahl

Solingen · Für Armin Mueller-Stahl, der auch als Musiker, Maler und Schriftsteller schöpferisch tätig ist, ist "Zeichnen wie Schauspielern." Und tatsächlich scheint der große Schauspieler auch bei der Arbeit an der Staffelei in ganz verschiedene Rollen zu schlüpfen. So übermalte er die Porträts von Richard Wagner und Theodor Adorno mit wuchtigen Pinselhieben und löschte die Dargestellten mit grimmiger Entschlossenheit beinahe aus. Ähnliche Löschbilder kennt man in der Kunstszene von Arnulf Rainer. Nun zu behaupten, der gebürtige Ostpreuße Mueller-Stahl hätte sich bei der Arbeit in die Gestalt eines bekannten "Übermal-Künstlers" hineinversetzt, wäre gewiss übertrieben. Doch der Stil dieser Malerei weckt Erinnerungen an das österreichische Original.

Ein anderes Beispiel: In den Lithografien, die Mueller-Stahl zu Ehren von Jim Jarmusch schuf (er spielte in Jarmuschs Film "Night on Earth" einen Taxifahrer in New York), nähert sich sein gekonnter Strich stilistisch den ätzenden Karikaturen eines George Grosz an. Andere Arbeiten lassen an die virtuosen Zeichnungen des späten Picasso denken. Man staunt also zunächst darüber, wie Mueller-Stahl sich die unterschiedlichsten Stilformen zu eigen macht. Er spielt regelrecht mit den Ausdrucksformen der Expressionisten, er interpretiert die Kunstfertigkeit eines Picasso neu und knüpft an die destruktiven Frechheiten von Arnulf Rainer an. Den Satz "Zeichnen ist wie Schauspielern" könnte man darum auch so interpretieren: der Maler als Chamäleon.

Die Ausstellung mit 140 Grafiken und Gemälden im Solinger Kunstmuseum belegt aber, dass der Schauspieler durchaus das Talent für eine Karriere als bildender Künstler hat: Mueller-Stahl beherrscht die Technik des Zeichnens, der Lithografie und der Malerei mit Öl- oder Acrylfarben besser als mancher auf dem Kunstmarkt etablierte Maler. Doch für den Schauspieler wie für den bildenden Künstler gilt der Satz: Die Technik allein macht es nicht aus. Sie ist Dienerin und hilft nur dabei, den Ausdruck, das Konzept, die Magie zum Vorschein zu bringen.

In einem Selbstporträt wird dies deutlich: Die technische Ausführung ist erneut virtuos. Doch darüber hinaus überzeugt der Ausdruck des Bilds: Während die Gesichtszüge sich ganz in Orangetönen auflösen, zaubert der Maler mit wenigen Pinselstrichen einen Ausdruck von Besinnlichkeit aufs Blatt. Mueller-Stahl (Jahrgang 1930) hat auch keine Angst vor der leeren Fläche: Im Ölgemälde "Abschied" von 2009 verharrt eine abstrahierte Figur wie gelähmt am linken Bildrand, während der größte Teil der Bildfläche grau und leer bleibt.

Viele der Arbeiten stehen in einem Zusammenhang zur Bühne: So variiert Mueller-Stahl Schlüssel-Szenen aus dem Urfaust und illustriert ein eigenes Drehbuch – den "Hamlet in Amerika". Und in den "Drehbuchübermalungen" zu den Buddenbrooks finden Wort und Bild, vor allem aber die Begabungen des Malers und Schauspielers sehr anschaulich zueinander.

Info Kunstmuseum Solingen Wuppertaler Str. 160, Solingen-Gräfrath, bis 18. November.

(RP)
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