Remagen-Rolandseck Des Königs Lust an Schloss Stolzenfels

Remagen-Rolandseck · Im Remagener Arp-Museum erinnert eine Ausstellung daran, wie dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. die Rheinprovinz zum Sehnsuchtsort wurde. Kölner Dom und Schloss Stolzenfels waren seine Lieblingsprojekte.

Als Könige zeichneten, war Politik noch romantisch. In einer gar nicht so üblen Tuschezeichnung hat der preußische König Friedrich Wilhelm IV. den Kölner Dom in vollendeter Schönheit auf die Berliner Spree-Insel versetzt - um 1815, also 65 Jahre bevor das Gotteshaus tatsächlich seine heutige Gestalt annahm. Der Traum ging erst nach des Königs Tod in Erfüllung. Doch als Freund der Romantik wird er gewusst haben, dass Sehnsucht nur dann Bestand hat, wenn sie unerfüllt bleibt.

Auf wandbedeckendes Format vergrößert, empfängt die Zeichnung des preußischen Herrschers die Besucher einer Ausstellung im Remagener Arp-Museum: "Des Königs Traum. Friedrich Wilhelm IV. und der romantische Rhein". Bedauerlicherweise hat die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg das Original nicht als Leihgabe herausgerückt. Gern hätte man die künstlerische Handschrift des Königs aus der Nähe erlebt. Doch ein kleines Museum muss damit leben, dass nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen. Auch der ursprünglich zugesagte preußische Königsadler, der 1842 beim Weiterbau des Doms den Baukran zierte, ist mit seinen fünf Metern Spannbreite nur virtuell, als Reproduktion in Originalgröße nach Remagen geflogen.

Ringsum erzählen rund 80 Bilder und Objekte davon, wie liebevoll Friedrich Wilhelm IV. seine beiden rheinischen Großprojekte Kölner Dom und Schloss Stolzenfels bei Koblenz betreute. Anlass der Schau ist ein Jubiläum: Am 5. April jährte sich die Übernahme des Rheinlands durch die Preußen zum 200. Mal. Mit der damaligen Proklamation nahm König Friedrich Wilhelm III. Besitz von den Gebieten, die ihm der Wiener Kongress zugesprochen hatte. Damit war das überwiegende Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalen preußisch geworden und seit dem Zerfall des Karolingerreiches erstmals wieder vereint.

Damals, 1815, war Friedrich Wilhelm erst 20 Jahre alt und noch weit davon entfernt, König von Preußen zu werden. Doch schon kurz vor der Einverleibung der Provinz schaute er sich am Rhein um und verliebte sich dort in die architektonischen Zeugnisse der Geschichte. Dem 1858, also kurz vor dem Tod des Königs fertiggestellten Bahnhof Rolandseck kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Dort trafen sich später die preußischen Herrscher mit ihren Gästen bis zum Ende der Preußenära am Rhein.

Der Festsaal des Bahnhofs war schon Mitte des 19. Jahrhunderts Treffpunkt der Gesellschaft und Schauplatz kultureller Ereignisse. Dort, wo Reisende von der Bahn ins Rheinschiff oder in die Kutsche umstiegen, waren Königin Viktoria von England, Kaiser Wilhelm II. und Reichskanzler Bismarck zu Gast. Heinrich Heine, Ludwig Uhland, die Brüder Grimm und Friedrich Nietzsche kehrten ein und ließen sich von der rheinischen Landschaft und Sagenwelt zu Gedichten, Liedern und Märchen inspirieren. Johannes Brahms, Clara Schumann und Franz Liszt gaben Konzerte. George Bernhard Shaw verlegte die Szene eines Theaterstücks nach Rolandseck. Der junge Guillaume Apollinaire gestand während der Spaziergänge auf den Terrassen des Bahnhofs Rolandseck einer jungen Engländerin seine Liebe, blieb aber ungehört. So schrieb er weiter Gedichte.

Die Zeit König Friedrich Wilhelm IV. legte den Grund für den späteren Künstlerbahnhof, der in der Bonner Republik noch einmal zu großer Form auflief. Jetzt aber geht es ausnahmslos um Friedrich Wilhelms Zeit. Repräsentativ hat ihn der Berliner Ernst Gebauer auf einem Gemälde in Szene gesetzt, einer der vielen heute kaum mehr bekannten Künstler, deren Werken man in der Ausstellung begegnet. Immerhin sind etliche Könner aus der Düsseldorfer Malerschule dabei, Andreas Achenbach zum Beispiel, Carl Friedrich Lessing und Caspar Scheuren. Von Scheuren stammen ein Bildnis der Adlersäule auf der Rheinterrasse in Stolzenfels und manche Ansicht mehr. Die Stadt Koblenz hatte das Schloss dem 20-jährigen Friedrich Wilhelm geschenkt. Der ließ die Ruine zur Sommerresidenz wiedererrichten. Von jener großen Zeit zeugen in der Ausstellung ein originaler Polsterstuhl und ein achteckiger Tisch, beide aus dem Wohnzimmer der Königin.

In einem Saal, der dem Kölner Dom gilt, bildet ebenfalls ein Stuhl den Blickfang. Er ist aus jenem Holz geschnitzt, aus dem der nach Vollendung des Gotteshauses überflüssig gewordene Domkran bestand. Friedrich Herbertz, Sohn einer der bedeutendsten niederrheinischen Kaufmannsfamilien in Uerdingen, hatte ihn geschenkt bekommen - als Dank für den Bau der Festwagen, mit denen Köln bei einem Umzug die Vollendung des Doms feierte. Daneben bildet ein Gemälde von Carl Georg Enslen aus dem Jahr 1839 das Innere der vollendeten Kathedrale ab - als Vorgriff in der Art des Doms an der Spree von Friedrich Wilhelm.

Eine Ausstellung über die Rheinprovinz - die sich einst bis an die Saar erstreckte - wäre unvollständig ohne Hinweis darauf, wie die Rheinländer die Preußen empfanden: als Preußen eben. Eine Pickelhaube und Karnevals-Accessoires wie eine Elferrratsmütze und die Uniform eines Generals der "Kölsche Funke rut wieß von 1823" erzählen davon, wie die Jecken vom Rhein der Disziplin aus dem Norden genüsslich eine Nase drehten.

(RP)
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