Auftritt in Düsseldorf Die großen Solo-Momente von Paul McCartney

Düsseldorf · Der Ex-Beatle ist als Solokünstler zu Unrecht unterschätzt. Wir empfehlen vor seinem Düsseldorfer Auftritt die zehn besten Alben.

Die großen Solo-Momente von Paul McCartney
Foto: Radowski

Wenn der Name Paul McCartney fällt, denken die meisten bloß an seine Band, was grundsätzlich in Ordnung geht, denn es handelt sich ja nicht um irgendeine Band, sondern um die größte aller Zeiten. Viele vergessen indes, dass der 73-Jährige nicht nur Ex-Beatle ist, sondern auch ein großartiger Solokünstler. Am 28. Mai spielt er in der Esprit Arena, und das soll der Anlass sein, für Gerechtigkeit zu sorgen: Wir wollen auf die McCartney-Alben nach dem Ende der Beatles 1970 hinweisen, die man gehört haben sollte, weil sie toll sind, und die man noch einmal hören sollte, weil man sie heute anders wahrnimmt als zu der Zeit, da sie erschienen sind. Die zehn besten Alben von Sir Paul also, und natürlich will die Liste lediglich Diskussionsgrundlage sein: Wer "Red Rose Speedway" vermisst oder "Flowers In The Dirt", hat Recht - die sind auch gut. Aber nicht so gut wie diese hier:

Platz 1: "Ram" (1971)

Als die Platte erschien, wurde sie übel verrissen. "Tiefpunkt im Zerfall der Rockmusik der 60er Jahre", schimpfte Robert Christgau im "Rolling Stone". John Lennon fand sie schlichtweg "schrecklich". Heute dient sie Indiepop-Bands wie Animal Collective und Grizzly Bear als Inspiration. Es ist eine Platte des häuslichen Friedens, die Fotos auf der Hülle zeigen McCartneys Familie auf ihrer Farm, die Atmosphäre hat etwas Pastorales, Handgemachtes. McCartney spielte fast alle Instrumente selbst ein, seine Frau Linda sang im Background. "Uncle Albert/Admiral Halsey" und "Dear Boy" sind die Hits, herrliche Lieder.

Platz 2: "Chaos & Creation in the Backyard" (2005)

Auch diese Platte spielte McCartney nahezu komplett alleine ein. Er holte sich allerdings einen besonderen Produzenten, nämlich Nigel Godrich, der mit Beck und Radiohead gearbeitet hatte. So entstand eine Indiepop-Platte, ein ruhiges und konzentriertes Album voller einfacher und effektiver Kompositionen. Ein spätes Meisterwerk.

Platz 3: "Band On The Run" (1973)

Den meisten Fans gilt diese LP als bestes Post-Beatles-Werk McCartneys. Er hat es mit seiner neuen Band, den Wings, aufgenommen, dazu gehörte etwa Denny Laine von den Moody Blues. Ein Teil der Produktion fand in Lagos statt. Eigentlich wollte McCartney mit dem Afrobeat-Helden Fela Kuti arbeiten, aber die Kooperation kam nicht zustande. McCartney wurde in Nigeria ausgeraubt, erlitt einen Zusammenbruch. Aber der Aufwand hat sich gelohnt: Die Stücke grooven, der Titeltrack ist großartig, ebenso "Jet", "Nineteen Hundred Eighty Five" und das anrührende "Bluebird". Urteil der Kritiker damals: "Triumph".

Platz 4: "Tug of War" (1982)

2015 Jahr veröffentlichte McCartney die Single "FourFiveSeconds" mit Rihanna und Kanye West, und auf diesem Album von 1982 kann man sehen, dass ihn R'n'B schon sehr lange interessiert. "What's That You're Doing?" ist ein irres Funk-Stück, das er mit Stevie Wonder aufnahm. Es hätte gut auf eines der großen Alben von Stevie Wonder aus den 70ern gepasst, auf "Music Of My Mind" etwa. Herausragend ist auch "Take It Away", das am Anfang ein wenig nach den Talking Heads klingt. "Ebony And Ivory", das berühmte Duett mit Stevie Wonder, erreichte Platz eins in Amerika, England und Deutschland.

Platz 5: "McCartney I" (1970)

Diese Platte erschien einen Monat vor "Let It Be", und viele dachten damals, sie sei der Grund gewesen, warum sich die Fab Four trennten. Der Titel wirkt, als wolle McCartney darauf hinweisen, dass sein Nachname auch ohne "Lennon" und "/" für Qualität bürgt. Das Album bezieht seinen Charme aus dem experimentellen Charakter, alles wirkt roh und unpoliert. "Junk" ist ein Höhepunkt und natürlich das unvergängliche Liebeslied "Maybe I'm Amazed".

Platz 6: "Pipes Of Peace" (1983) Dieses Album wurde sträflich unterschätzt. Weißer Soul ist das. Und: McCartney experimentiert mit Elektronik, das hat er zu Beginn der 80er Jahre gerne gemacht, es wurde aber nicht so recht gewürdigt. Er verbeugt sich außerdem vor der Motown-Ära, er ist ja ein großer Smokey-Robinson-Fan, und er singt "Say, Say, Say" mit Michael Jackson. Der kaufte später Teile der Rechte am Beatles-Song-Katalog, die Kronjuwelen des Pop sozusagen. Unbedingt sollte man sich das Titelstück dieser Platte anhören, man merkt dann gleich, wie opulent das alles produziert wurde.

Platz 7: "Wild Life" (1971)

Das erste Album der Wings ist ein Beispiel dafür, wie sich die Bewertung von Musik mit den Jahren verändert. Für Zeitgenossen ist es bis heute der Tiefpunkt im Werk McCartneys. Nachgeborene Hörer und vor allem Künstler loben jedoch den frischen Sound. Und tatsächlich: Was man geboten bekommt, ist Songwriter-Pop mit Gefühl für Melodien, man höre nur mal "Dear Friend". Allerschönstes Cover auch.

Platz 8: "McCartney II" (1980)

Bei Lied zwei auf diesem Album bitte nicht erschrecken: McCartney spielt in "Temporary Secretary" mit dem Synthesizer - ein Hauch von Daft Punk, bevor es das französische Computer-Duo überhaupt gab. McCartney muss unheimlich stolz auf dieses Stück sein, denn er führt es weiterhin auf. Die CD-Ausgabe von "McCartney II" sollte man in der Deluxe-Ausgabe hören, darauf findet man den faszinierenden und zehn Minuten langen Weltraumgleitflug "Secret Friend".

Platz 9: "Venus And Mars" (1975)

Dieses Wings-Album ist nicht durchweg gelungen, es ist zu disparat. McCartney kann ja alles, und leider will er genau das auch zeigen. Weniger wäre mehr gewesen. Aber "Venus & Mars" enthält zwei überragende Titel: das düster pulsierende "Letting Go" und das zweiteilige Titelstück, das zu McCartneys schönsten Solo-Nummern gehört.

Platz 10: "London Town" (1978)

Leichtfüßiges Pop-Album aus einem Guss. Das Titelstück und die Single "With A Little Luck" gehören zu den Juwelen. Toll auch der von Denny Laine gesungene Folk-Song "Deliver Your Children"

(hols)
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