Frankfurter Buchmesse Die Stars der weltgrößten Buchmesse

Frankfurt · Morgen öffnet die Frankfurter Buchmesse ihre Pforten. 7300 Aussteller aus aller Welt werden bis einschließlich Sonntag etwa 80 000 Bücher präsentieren. Mit dabei sind rund 1500 Autoren, von denen wir sieben vorstellen.

Der gemeinen Frage, warum es in unserer schönen digitalen Welt überhaupt noch ein Fossil wie die Buchmesse gibt, wird oft mit wirtschaftlichen Beweggründen begegnet. Doch wer erwirtschaftet noch etwas auf der weltgrößten Bücherschau? Das Herbstgeschäft ist längst gelaufen und die Zeit, in der in mickrigen Verlagskojen zwischen pausenlos pröttelnden Kaffeemaschinen und Kartonstapeln analoge Aufträge geschrieben wurden, längst vorbei.

Wer ans Ökonomische denkt, darf darum auch nicht so sehr auf die zehn Messehallen im Frankfurter Westend schielen, sondern sollte sich Richtung Innenstadt orientieren — zum Frankfurter Hof nämlich. In der Nobelherberge der Stadt mit Zimmer-Messepreisen von rund 600 Euro pro Person und Nacht gastiert, wer Rang und Namen und vor allem Geld hat. Der eine oder andere Bestsellerautor ist auch darunter; vor allem aber nächtigen dort die Literatur-Agenten aus aller Welt. Sie haben im Gepäck die Rechte der Werke großer, demnächst großer und vermeintlich großer Autoren. Auf der Messe zu sehen sind diese grauen Männer und Frauen des Literaturbetriebs übrigens kaum. Abgeschirmt hinter hohen Wänden der Halle 6.0 ist das "Literary Agents & Scouts Centre" verborgen — der einzige Bereich, der stetig wächst. 627 Agenten aus über 30 Ländern sitzen wie beim Ball der einsamen Herzen hinter mickrigen Tischchen und warten auf Kundschaft. Und die kommt. Bis zum Wochenende werden dort Millionen erwirtschaftet.

Während die Agenten unsere Stars von morgen kreieren, tummeln sich in den übrigen Messehallen die Stars von heute. Und auf der Buchmesse sind Stars schon Stars, wenn sie ein Buch veröffentlicht haben. Wer sich Autor oder gar Dichter nennen darf, entscheiden wie immer die Leser.

Also freut man sich in Frankfurt besonders auf Uschi Obermaier, die Ende der 60er Jahre bei der sexuellen Revolution ganz vorne dabei war und im Laufe der Zeit auch schon 67 Jahre alt wurde. Aus Los Angeles kommt sie an den Main mit einem Buch, das nichts weniger als ihre bewegte und selbst geschriebene Lebensgeschichte erzählen soll. Seinem Titel zufolge müsste es von überschaubarem Umfang sein: "Explain nothing". Auch die deutsche Schauspielerin Hanna Schygulla hat — 69-jährig — übers Leben nachgedacht. "Wach auf und träume" heißt ihre Autobiografie, in der mit den Jahren ihrer Jugend in München beginnt und mit ihrer Zeit mit Fassbinder nicht endet. Noch ein unüblicher Gast sei erwähnt, der auf früheren Buchmesse eher die jedes Jahr aufs Neue legendären Verlagspartys bereicherte. Ulrich Tukur hat geschrieben, und zwar eine richtige Novelle. Die heißt "Die Spieluhr" handelt von der Liebe und der Malerei, der Musik und der Schauspielkunst — und all das über einen Zeitraum von gut 300 Jahren.

Kommen wir zu den Etablierten. Weil er jährlich ein neues Buch schreibt, ist Martin Walser auch diesmal dabei, obwohl er kein Freund der Buchmesse ist. Aber da es in seinem neuen Roman "Die Inszenierung" auch um Verstellung geht, kommt der 86-Jährige auch zum literarischen Schaulaufen. Arriviert ist — selbst wenn er es nicht gern hören wird — mittlerweile auch Sven Regener, der sich mit "Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt" an die Gegenwart heranschreibt — ein lakonisch-grandioser Roman über Techno-Freaks.

Wer nach oben in die aktuelle Bestsellerliste schaut, kommt zwangsläufig beim Dänen Jussi Adler-Olsen an. In "Erwartung" schickt er seinen Ermittler Carl Mørck vom Sonderdezernat Q in den bereits fünften und wiederum verkaufsfördernden Fall. Dennoch: Der kleinste Star wird in Frankfurt der größte werden. Asterix kehrt zurück, diesmal mit seinen Abenteuern bei den "Pikten" — das ist ein schottischer Volksstamm. Die Ehre des Autors darf Jean-Yves Ferri einheimsen, die des Zeichners Didier Conrad. Für den typischen Asterix-Sound wird der Übersetzer sorgen müssen: der schon bewährte Klaus Jöken. Interview-Anfragen aber wurden von Asterix — wie man so hörte — abschlägig beschieden. Auch wird es das Heft noch gar nicht geben — erst am 24. Oktober kommt es in die deutschen Buchläden. Seine Startauflage aber — komme noch, was da wolle — ist einsame Spitze: mit 1,5 Millionen Exemplaren.

Der Erfolg der morgen beginnenden Messe wird sich in Zahlen kaum messen lassen. 280 000 Besucher waren es zuletzt, ob es diesmal ein paar mehr oder weniger sind, das wird zum Seelenheil der leicht kriselnden Branche kaum beitragen. Entscheidend ist immer noch der Bücherkauf vor Ort, und damit jeder Leser seinen literarischen Trog findet, wird in Frankfurt eine App vorgestellt. Mit der wird man zu einer der 6000 Buchhandlungen in Deutschland navigiert — schnell und unkompliziert, wie es heißt. Nur lesen muss man noch selber.

(RP)
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