Die ungesühnten Verbrechen politischer Machthaber

Wer ein politisches Verbrechen begeht, hat gute Chancen, ungestraft davonzukommen. Das sichert Diktatoren und Gewaltherrschern einen großen Nachschub williger Vollstrecker. Zugleich muss der Diktator selbst, solange er über eine größere Anhängerschaft verfügt, kaum befürchten, später zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Einer, der auszog, das zu ändern, ist der unscheinbare deutsche Anwalt Wolfgang Kaleck. Er hat eine bemerkenswerte Autobiografie "Mit Recht gegen Macht" vorgelegt, in der er seinen häufig aussichtslosen Kampf gegen die Menschenrechtsbrecher in aller Welt anschaulich und nachvollziehbar erzählt.

Kaleck erweist sich als Meister der Rechtsentwicklung, wenn er mit Beharrlichkeit und trotz vieler Rückschläge mit den Mitteln des Rechtsstaats den Opfern staatlicher Gewalt juristisch hilft beziehungsweise deren Peiniger mit Verfahren überzieht. Er bewegt sich dabei an menschlichen Abgründen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind bis zu vier Milliarden Menschen, also mehr als die Hälfte der Erdbevölkerung, Sklaverei, ständigen Rechtsbrüchen, sexueller Ausbeutung oder dauerhafter Gewalt ausgesetzt. Der Anwalt, der inzwischen auch den Datenskandal-Enthüller Edward Snowden juristisch vertritt, ist auf unterschiedlichen Ebenen tätig. Er beruft sich auf nationales Recht, wenn er vor Ort gegen Menschenrechtsverletzungen kämpft. Er schaltet aber auch den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ein, wenn er brutale Potentaten dingfest machen will.

Per Strafanzeige schaffte er es, dass zwei der übelsten Diktatoren, Guatemalas General Rios Montt und der frühere argentinische Machthaber Jorge Rafael Videla, vor Gericht landeten und abgeurteilt wurden. Aber auch Niederlagen hat er zu verzeichnen. In Liberia, so schreibt Kaleck, habe er das Gefühl, "der Apokalypse beizuwohnen". Vergeblich hat er auch versucht, US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld für die Folter in Abu Ghraib zur Verantwortung zu ziehen. Kaleck bleibt trotz aller Anfeindungen fair in seinem Urteil. Und er sieht auch Fortschritte. Das alles macht sein Buch lesenswert.

Wolfgang Kaleck: Mit Recht gegen die Macht. Unser weltweiter Kampf für die Menschenrechte. Hanser, Berlin 2015, 224 Seiten, 19,90 Euro.

(kes)
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