Duisburg Diese "Turandot" ist eine ziemliche Dröhnung

Duisburg · Giacomo Puccinis Werk wurde im Duisburger Haus der Deutschen Oper am Rhein aufgeführt.

Für manchen Operngänger ist das Duisburger Theater an diesem Abend ein Platz des himmlischen Friedens. Die Kostüme wirken wie aus dem Reich der Mitte importiert und sind erlesen, die Mandarine wackeln wie Nippesfiguren umher, Anflüge beflissener China-Kritik werden durch kurze Videos angedeutet, der Chor steht und singt stabil wie eine Freistoßmauer, und auch der Rest dieses "Turandot"-Mobiliars ist uns durch regelmäßige Besuche beim Chinesen um die Ecke vertraut. Und wenn die eisumgürtete Prinzessin in der Fragerunde an einem Tässchen Jasmin-Tee nippt, dann ist die Welt insofern in Ordnung, als auch in innerchinesischen Krisenzeiten - in der Oper droht ein Prinz namens Kalaf die drei tödlichen Rätsel zu lösen - die Zeremonien eingehalten werden.

Diese "Turandot" betreut ein nationalchinesisches Team, das in der Heimat dafür wohl einen Innovationspreis bekommt (Inszenierung: Huan-Hsiung Li; Bühne: Jo-Shan Liang; Kostüme: Hsuan-Wu Lai; Video/Media Design: Jun-Jieh Wang). Hierzulande, wo aufklärerisches Musiktheater eine lange Tradition hat, holt solch gutwillige Bravheit keinen Hund aus der chinesischen Garküche hervor. Aber viele Leute wollen ja defensive Produktionen sehen, die niemandem weh tun.

Die Bühne ist eine niedliche Laubsägearbeit, die uns die Silhouette der Verbotenen Stadt in Peking zeigt; auf Gaze-Leinwänden explodieren regelmäßig Tinten- und Blutkleckse oder flimmern Hologramme, und damit auch keiner vergisst, dass die Oper von Giacomo Puccini ist, wird der greise chinesische Kaiser Altoum wie der leibhaftige Komponist verkleidet. In Taiwan sind solche Regieeinfälle vermutlich der radikale Wahnsinn; bei uns muss man auf der Hut sein, dass man nicht von Gähn-Attacken heimgesucht wird.

Auch musikalisch ist das ein allenfalls mäßiger Abend. Wenn man über die wichtigen Stimmen bestenfalls sagen kann, dass sie über Ausdauer und Kraft verfügen, heißt das: Die Latte hängt niedrig. Linda Watson dröhnt sich durch den Abend und trifft praktisch keinen einzigen Spitzenton. Zoran Todorovich betreut die Kalaf-Partie mit ziemlich ausgebleichtem, aber zuverlässigem Tenor. Beide sind Sänger, die uns die Liebe im etwas reiferen Alter schmackhaft machen wollen. Wenigstens singt die schönste Stimme des Abends zwei herrliche Arien: Brigitta Kele als Sklavin Liù. Glänzend das Terzett der drei Minister (Bogdan Baciu, Florian Simson, Cornel Frey), die sehr erfreulich über die Karikatur hinauswachsen und stimmlich vortrefflich harmonieren.

Leider liegt über der Premiere auch das verhängnisvolle Klima einer für Stimmen und Ohren ungesunden Lautstärke. Axel Kober gelingen mit den Duisburger Philharmonikern einige schwebende, innige Piano-Momente, aber nach oben entgleitet das Forte bisweilen in den blanken Lärm. Das fraglos ausgezeichnete Duisburger Blech müsste bei diesem Stück in diesem Graben in diesem Haus diszipliniert und nicht noch angefeuert werden. - auch Lärm macht müde: ziemlich sedierter Beifall.

(w.g.)
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