Düsseldorf Düsseldorf droht Kahlschlag der Kunst

Düsseldorf · Mit der Neubesetzung des Chefpostens im Museum Kunstpalast plant Oberbürgermeister Thomas Geisel offenbar eine radikale Neustrukturierung der Museumslandschaft. Auch das Schauspielhaus stellt er zur Disposition.

Seit mehr als zwei Jahren ist bekannt, dass Generaldirektor Beat Wismer im März 2017 das Museum Kunstpalast in Düsseldorf verlässt. Doch erst ein einziges Mal hat bisher die Findungskommission getagt, die einen Nachfolger für den Chef am Ehrenhof diskutieren und ermitteln will. Zu lange war das Profil dieser Top-Personalie unscharf, auch die Zukunft, vor allem die Finanzierung des in Teilen maroden Hauses ist bis heute ungeklärt, so dass redlicherweise keine Aufgabenbeschreibung erfolgen konnte.

Jedenfalls rief Kulturdezernent Hans-Georg Lohe Experten zusammen, darunter zwei namhafte Künstler und zwei Museumsfachleute, die gemeinsam mit Politikern, dem Vorsitzenden des Freundeskreises, einem Headhunter (ohne Stimme) und einem Freigeist in städtischen Diensten die Besetzung fachkundig begleiten sollen.

Schon nach der ersten Sitzung gibt es eine heiße Kandidatin mit Ulrike Groos. Die einstige Kunsthallenchefin von Düsseldorf, die 2010 ans Kunstmuseum Stuttgart wechselte, wäre sicher keine schlechte Wahl. Aber schon machen auch üble Geschichten die Runde, die weit über die Grenzen der Landeshauptstadt zu vernehmen und gehaltvoller als Gerüchte sind. Demnach soll mit der Neubesetzung des Chefpostens im Kunstpalast heimlich eine Umstrukturierung der städtischen Museumslandschaft einhergehen. Eine Art Kahlschlag, dem Kunsthalle, das Haus "Kunst im Tunnel" und das Hetjens-Museum als eigenständige Institute zum Opfer fallen würden. Ein künftiger Generaldirektor würde viel mehr Macht als der bisherige Museumschef erhalten und die Steuerung von Museum Kunstpalast, Kunsthalle, Hetjens-Museum und KiT übernehmen.

Die Urheberschaft für diese radikale Idee liegt beim Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel, der nach etwas mehr als zwei Jahren im Amt, kulturell betrachtet, eine gefährliche Katze aus dem Sack lässt, die man schnell wieder einfangen sollte. Geisel intendiert, so wird es erzählt, der blühenden Kunst-Vielfalt mit ihren ausgeprägten Profilen der unterschiedlichen Ausstellungshäuser die Allmacht eines Generaldirektoriums entgegenzusetzen. Damit würde er auch sich indirekt mehr Macht sichern. Insider wissen, dass der Oberbürgermeister seinem Kulturdezernenten nicht immer vertraut. Hätte der Schwabe sonst dem Stadtrat zugestimmt, eine Viertelmillion Euro für ein Gutachten aus Bonn bereitzustellen, das die Kernaufgabe des Dezernenten übernimmt und dabei ist, einen Kulturentwicklungsplan für die Landeshauptstadt zu erstellen?

Die Krise zwischen OB und Dezernent ist so groß, dass in der Kunstszene befürchtet wird, mit einem mächtigen Generaldirektor könne Lohe, zumindest was die Kunstlandschaft angeht, kaltgestellt werden. Mehr als das: es würden mit einem neu ausgestatteten Arbeitsvertrag des Generaldirektors auch die Institutsleiter von Kunsthalle, KiT und Hetjens-Museum ihre Eigenständigkeit verlieren. In der Stadt wird spekuliert, dass Filetstücke an so wertvollen Immobilienplätzen wie Grabbeplatz oder Schulstraße der Versilberungslust und Verdichtungsfreude des Stadtoberhaupts zum Opfer fallen und sich plötzlich auf dem Immobilienmarkt wiederfinden könnten.

Auch um die Zukunft des Schauspielhauses hat Geisel eine Debatte vom Zaun gebrochen. Weil die Sanierung des markanten weißen Gebäudes auf dem Gustaf-Gründgens-Platz erheblich teurer werden könnte als gedacht, hat er zu einer Debatte aufgerufen, ob man es aufgeben soll. Intendant Wilfried Schulz ist empört, in der Politik steht Geisel mit der Idee bislang alleine da.

Die Debatte gilt nicht zuletzt deshalb als brisant, weil das zweitgrößte deutsche Sprechtheater zur Hälfte vom Land NRW betrieben wird. Ein Verlust der berühmten Spielstätte in der Innenstadt würde diese Partnerschaft gefährden - und könnte das Theater von der Bundes- in die Kreisliga werfen. Trotzdem hat Geisel seinen heiklen Vorstoß nicht abgestimmt: Im Kulturministerium wusste man von nichts.

(RP)
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