François Pinault Ein Milliardär zeigt seinen Kunstschatz

Essen · Der französische Puma-Boss und Kunstsammler François Pinault stellt erstmals Teile seiner Sammlung in Deutschland aus. Das Essener Museum Folkwang widmet ihnen seine neue Schau "Dancing with Myself".

Bemerkenswert an diesem Mann ist, dass er so viel Kunst besitzt, dass das Museum Folkwang nun nicht etwa die größten Hits aus der Sammlung des François Pinault zeigt, sondern sich sogar etwas Thematisches aussuchen konnte. So gibt es in Essen nun nicht alte Meister und dazu das Beste von heute zu sehen, sondern eine Ausstellung zur Selbstdarstellung und Selbstinszenierung. Andere Museen leihen sich für so eine Spezial-Schau Werke aus aller Welt. Im Folkwang kommt nun fast alles aus einer Hand: "Pinault Collection" steht an den Wänden neben den gut 100 Werken, die nun in dem Essener Museum gezeigt werden.

Ergänzt werden die Arbeiten in der neuen Ausstellung "Dancing with Myself" durch einige Werke der hauseigenen Sammlung. Zumeist aber liest man: Pinault, Pinault, Pinault. Der 80-jährige Franzose hat in den vergangenen Jahrzehnten eine spektakuläre Sammlung aufgebaut. Mehr als 4000 Kunstwerke sollen sich in seinem Besitz befinden, darunter Arbeiten von Andy Warhol, Jeff Koons und Damien Hirst. In Essen ist also lediglich ein Bruchteil zu sehen. Erstmals gibt der Sammler, dessen Vermögen auf 16 Milliarden Euro geschätzt wird, nun aber Arbeiten für eine Ausstellung in Deutschland her.

Schon im Folkwang-Foyer gibt es, Pinaults würdig, Gold - denkt man, aber es ist dann doch nur Bronze, golden glänzende. Dem zur Skulptur geformten Selbstbild von Alighiero Boetti raucht der Kopf. Ob's an kreativen Entladungen liegt oder am Hirntumor, an dem der Italiener 1994 starb, bleibt ungewiss. Dann und wann jedenfalls gibt es Abkühlung: Ein Wasserstrahl springt an, der zielsicher auf dem Haupt des Bronze-Boetti landet.

Die Ausstellungsmacher haben im Folkwang einen regelrechten Kunstparcours aufgebaut, vorbei an der Skulptur Boettis geht es durch einen Vorhang aus Plastikperlen: viele rote, wenig weiße Stränge, ein Abbild der Blutkörperchen in Félix Gonzáles-Torres' Körper. Der Künstler hatte sich mit seiner Aids-Erkrankung auseinandergesetzt.

Schwermütig ist der Start der Schau also, im ersten von vier Ausstellungsbereichen geht es denn auch um Melancholie. Gezeigt werden dort unter anderem drei großformatige Gemälde von Rudolf Stingel, der sich in drei Lebensphasen porträtiert hat. Eines der Bilder hat er auf dem Atelier-Boden ausgelegt, es trägt nun ebenfalls Spuren der Zeit: Ränder, Risse und Fußabtritte. Solche Stingels sollen auch im Büro von François Pinault hängen, war kürzlich in der "Zeit" zu lesen.

Pinault wurde 1936 als Sohn eines Holzhändlers geboren, ab 1962 machte der Schulabbrecher ebenfalls in Holz- und Möbelhandel, das Geschäft weitete er stetig aus. Dem Magazin Forbes zufolge sind heute nur 83 Menschen auf der Welt reicher als Pinault.

Ab den 90ern begann er sich zudem für Luxusmarken zu interessieren. Zu dem von ihm gegründeten Unternehmen Kering gehören unter anderem die Modelabels Gucci, Stella McCartney und Puma, außerdem sind die Pinaults Besitzer des Fußballvereins Stade Rennes. Mittlerweile hat der Senior seinem Sohn François-Henri die Geschäfte überlassen. Der ist mit Schauspielerin Selma Hayek verheiratet. Hochzeit feierte man in Venedig.

Dort führt sein Vater zwei Museen, die Punta della Dogana und den Palazzo Grassi. Der Sammler - dem auch das Auktionshaus Christie's gehört - will ein weiteres Ausstellungshaus in Paris eröffnen. Ein erster Anlauf war vor Jahren gescheitert. Nun aber bezieht er die ehemalige Handelsbörse, einen Kuppelbau aus dem 18. Jahrhundert. Vergangenes Jahr war ihm der ebenfalls milliardenschwere Sammler und Unternehmer Bernard Arnault zuvorgekommen, der mit der Foundation Louis Vuitton ein gigantisches Museum in Paris eröffnet hat. Der 67-Jährige gilt als Konkurrent Pinaults, der sein Haus Ende 2018 eröffnen möchte. Man spricht bereits von einer neuen Kunstmeile zwischen Louvre, Pinault Collection und Centre Pompidou.

Was künftig vielleicht in Paris zu sehen sein wird, ist nun also schon in Essen ausgestellt: etwa fotografische Selbstinszenierungen von Cindy Sherman und Videoarbeiten von Steve McQueen. Von Helmut Newton gibt es ein Abbild mit Selbstauslöser in der Hand, von Bruce Nauman ein Selbstexperiment im Video. Er hat sich Anweisungen für Finger-Kombinationen aufs Tonband gesprochen und anschließend versucht, diese zu befolgen. Klappt nicht. Nauman demonstriert die Unzulänglichkeit des Körpers - im Gegensatz zum Selfie-Zeitalter, in dem immer alles perfekt scheint.

(kl)
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