Köln Ein Schoko-Fabrikant machte in Kunst

Köln · Köln feiert die Gründung seines Museums Ludwig vor 40 Jahren - und zugleich seinen vor 20 Jahren gestorbenen Mäzen Peter Ludwig. Der Schokoladenfabrikant und Kunstsammler prägt das Haus neben dem Dom bis heute.

Hätte es das Sammler-Ehepaar Peter und Irene Ludwig nicht gegeben, stünde heute neben dem Dom nicht eines der bedeutendsten Museen zur Pop-Art. Köln hat den beiden unendlich viel zu verdanken. In der Rückschau, 40 Jahre nach Gründung des Museums, überwiegt die Dankbarkeit angesichts einer Fülle von Schenkungen, die von Bildern der klassischen Moderne über die russische Avantgarde bis zu Warhol, Lichtenstein und Rauschenberg reicht.

Wer viel schenkt, zieht in unserer Gesellschaft auch kritische Blicke auf sich. Klar, das Aachener Schokoladenfabrikanten-Paar war wohlhabend - aber so wohlhabend, dass es für derartige Massen an Picasso und Pop-Art, Malewitsch und Larionow, Kirchner und Macke reichte? Schon 1981 verwies der Künstler Hans Haacke in seiner Serie "Pralinenmeister" auf Steuervorteile und Einsparungen bei Dauerleihgaben an Museen, auf Vorteile von Stiftungen für die Einkommensteuer und die vorausschauende Reduzierung der Erbschaftsteuer. Nebenher rempelte er die Museumsleute an, die mit öffentlichen Mitteln durch Ausstellungen zur Wertsteigerung der Sammlung beitragen.

Für die Stadt Köln war Peter Ludwig kein leichter Partner. Zwar hat er viel gestiftet, aber auch manches gefordert. Der Preis, den Köln für die aus 350 Werken bestehende Schenkung des Jahres 1976 zu zahlen hatte, war der Bau des Museums Ludwig. Der Preis der 90 Picassos aus der Schenkung von 1994 war die Zusage, dass das Wallraf-Richartz-Museum in ein eigenes Domizil zieht und der Bau neben dem Dom allein das Stifterpaar Ludwig verewigt. Erst nach Peter Ludwigs Tod gab es bedingungslose Geschenke. Zur Wiedereröffnung des Museums Ludwig nach dem Auszug des Wallraf-Richartz-Museums stiftete Irene Ludwig dem Haus 774 weitere Arbeiten Picassos. Und nach ihrem Tod bekam das Museum die kostbare Sammlung russischer Avantgardekunst und 26 weitere Werke der klassischen Moderne.

Kasper König, der das Haus von 2000 bis 2012 leitete, erzählte einmal, wie er den Grund für die Verwandlung von Dauerleihgaben in Geschenke legte. Regelmäßig telefonierte er sonntags ausgiebig mit Irene Ludwig, hielt sie mit Neuigkeiten aus dem Museum auf dem Laufenden und tat damit dem Museum mehr Gutes als manch anderer durch die Inszenierung aufsehenerregender Ausstellungen.

Peter Ludwig war bereits als Student von Kunst elektrisiert. 1946 hatte er in der alten Kölner Universität erstmals eine Auswahl von 100 Bildern aus der Sammlung des Juristen Josef Haubrich gesehen. Der hatte seine Kollektion von Werken des Expressionismus und der übrigen klassischen Moderne der Stadt Köln geschenkt und damit aus heutiger Sicht den Grundstock des Museums Ludwig gelegt. Ludwig eiferte ihm nach, wandte dabei aber jene Methoden an, die er sich aus dem Wirtschaftsleben abgeschaut hatte. Als er mit Bund, Stadt und Land in Verhandlungen über die Gründung einer "Stiftung Ludwig" stand und es ihm nicht rasch genug voranging, verkaufte er seine Sammlung von 120 mittelalterlichen Handschriften ans Getty-Museum in den USA, um mit dem Erlös von vermutlich 100 Millionen Mark freier handeln zu können. Durch die Öffentlichkeit ging ein Aufschrei, denn Wissenschaftler des Schnütgen-Museums hatten in jahrelanger Arbeit die Handschriften erforscht und damit ihren Wert untermauert. Sitz der Stiftung wurde dann Aachen, Anker eines Imperiums aus 19 Ludwig-Museen in fünf Ländern.

Glanzstück dieser Kette ist das von den Kölner Architekten Peter Busmann und Godfried Haberer entworfene Museum neben dem Dom. Ludwig gönnte sich darin einen eigenen Ruheraum. Ein anderer Wunsch ging jahrelang nicht in Erfüllung: dass in sein Museum auch seine geliebte DDR-Kunst Einzug hielt.

Besuchern der Kunstbiennale von Venedig wird Peter Ludwig in Erinnerung bleiben als der Hüne, der mit Gefolge und Diktafon von Pavillon zu Pavillon schritt und festhielt, was er kaufen wollte. Auf diese Weise dirigierte er auch Jeff Koons' skandalträchtige Plastik "Jeff and Ilona, Made in Heaven", ein Selbstporträt des Künstlers mit der Pornodarstellerin Cicciolina, ins heimische Aachen. Kölns Interesse hielt sich wohl in Grenzen.

Peter Ludwig hatte seine Doktorarbeit über "Das Menschenbild Picassos" verfasst, doch er ist dem großen Spanier nicht ein einziges Mal begegnet. So sehr er die Kunst schätzte, so sehr mied er die Künstler.

(B.M.)
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