Salzburg Ein Würgeengel überfällt Salzburg

Salzburg · Die Festspiele bringen eine neue Oper nach Luis Buñuels Film heraus.

Die Salzburger Festspiele haben das Thema Sicherheit ganz nach oben auf die Agenda gesetzt. Man möchte nicht, dass den Besuchern, die wie immer aus der ganzen Welt herbeiströmen, zuschauen oder mitwirken, ein Leid widerfährt. Deshalb findet man im Internet sehr beruhigende Hinweise darauf, dass der TÜV Austria alles an sich gezogen hat: Er sei, heißt es, der zentrale Ansprechpartner für sämtliche Belange der Bühnentechnik.

Wie bitte? Keine Terrorfurcht wie in Bayreuth? Keine Absperrzäune, keine Personenkontrollen? Nein, man gibt sich gelassen. Die Salzburger Polizei betont auf Nachfrage, dass die islamistische Szene sehr genau unter Beobachtung stehe. Polizeidirektor Franz Ruf sagt, er habe schon mit Beginn der Flüchtlingswelle eine eigene Ermittlungsgruppe gegründet, die zahlreiche Fahndungserfolge vorweisen könne.

Und der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) lässt verlauten, gewiss seien auch die Festspiele ein mögliches Terrorziel, doch "seit den Pariser Anschlägen machen wir uns Gedanken". Das ist eine konkrete Aussage, die uns Besuchern Vertrauen einflößt. Schaden erkennt die Blindstelle seines Bulletins, deshalb schiebt er nach: "Nur eines ist klar: Den 100-prozentigen Schutz vor Anschlägen gibt es nirgendwo."

Salzburg hat ja nun auch andere Sorgen. Ende August, wenn die Festspiele abgelaufen sein werden, wird der neue Intendant Markus Hinterhäuser die Geschäfte übernehmen, und die Ära von Sven-Eric Bechtolf geht zu Ende. Der hatte in Salzburg als Schauspieldirektor einen sehr guten Job gemacht und - als Alexander Pereira nach Mailand wechselte - dann auch das Opernfach übernommen. Mit seinen drei Inszenierungen von Mozarts da-Ponte-Opern hatte er anfangs ("Così" und "Don Giovanni") nicht so viel Glück, was auch am betulichen Dirigat von Christoph Eschenbach lag. Doch der letztjährige "Figaro" war eine inszenatorische Meisterleistung, ein Verwirrspiel auf mehreren Ebenen, dem weder Tempo noch Tiefgang fehlten.

In diesem Sommer richtet sich das Interesse vor allem auf Thomas Adès, den englischen Komponisten, der sich eines brisanten Opernstoffes angenommen hat. Mit dem Librettisten und Regisseur Tom Cairns hat er Luis Buñuels Film "Der Würgeengel" dem Musiktheater zugänglich gemacht; und da Adès immer für spektakuläre Klanglösungen gut ist, wird er für Buñuels klaustrophobisches und bereits surrealistisch getöntes Szenario vermutlich eine ganz große Idee haben. Im Opernfach ist ansonsten Richard Strauss' kaum gespielte "Liebe der Danae" zu erleben, und wer sich für die reine Kulinarik interessiert, wird vielleicht mit Anna Netrebko und Puccinis "Manon Lescaut" glücklich. Leider nur in einer konzertanten Version.

Doch nun kommt Markus Hinterhäuser, und auf den richten sich die größten Hoffnungen der fortschrittlichen Festspiel-Gemeinde. Er ist ein großartiger Pianist, interessiert sich für die Moderne und gilt als bescheidener Intellektueller. Bei den Wiener Festwochen hat er Großes bewegt. Die Salzburger Festspiele brauchen gewiss Sicherheit, mehr noch brauchen sie Aufbruch.

(w.g.)
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