Aung San Suu Kyi Eine kleine, zierliche Frau zeigte es den Mächtigen

Naypyidaw · Sie ist zierlich und unnahbar. Die Menschen von Burma lieben sie, die Machthaber fürchten sie. Wer ist Aung San Suu Kyi wirklich?

Dem erfahrenen "Spiegel"-Auslandskorrespondenten Andreas Lorenz ist mit seinem Buch gelungen, was selten ist: Er beschreibt ebenso spannend wie einfühlsam die Karriere der bald 70-Jährigen vom verwöhnten Oberklassenkind zur beinahe vergötterten Volksheldin: ein langer, beschwerlicher, oft tränenreicher und blutiger Weg. Umso faszinierender ist es, zu lesen, dass Aung San Suu Kyi stets ihrem absolut gewaltfreien Grundsatz treu blieb und diesen auch von ihren Anhänger immer einforderte. Genau diese Faszination vermittelt der Autor, ohne in Lobhudelei abzudriften.

Aung San Suu Kyi ist die Tochter des Nationalhelden Aung San, der gegen die britische Kolonialherren kämpfte, im Krieg dann mit den Japanern paktierte und sich im letzten Moment 1945 auf die Seite der britischen Armee schlug, die Burma gerade wieder zurückeroberte. An ihren Vater hat Aung San Suu Kyi keine Erinnerung mehr - der wurde 1947 von Attentätern Partei ermordet. Die junge Frau besuchte Privatschulen in Indien, lebte in Oxford und New York. Es hätte eine sorgenfreie Zukunft werden können. Doch auch fern der Heimat bedrückten sie die Nachrichten vom Terrorregime in Burma.

1988 kam sie zurück. Vor allem, weil ihre Mutter im Sterben lag. Unterdessen tobten in der Hauptstadt Straßenschlachten. Das Militär schoss auf Demonstranten: "Dorthin, wo die Menschen am Dichtesten standen." Es gab viele Tote, und die Tochter des Volkshelden sah sich plötzlich in der Familienpflicht: Burma und die Freiheit retten. Ihre Fahrten durchs Land zu den Menschen wurden vom Militär sabotiert. Mit Hausarrest wollte das Regime die unbequeme Gegenspielerin ausschalten. Insgesamt 15 Jahre lang durfte sie ihre Villa nicht verlassen. Der Friedensnobelpreis 1991 gab neuen Auftrieb.

Über allem steht die Zivilcourage dieser zierlichen Frau. Sie hat es den Mächtigen gezeigt. Denn die längst weltbekannte Oppositionspolitikerin wird nicht mehr offen drangsaliert, seit 2012 sitzt sie im Parlament, und Ende des Jahres könnte sie sogar Präsidentin werden.

Andreas Lorenz: Aung San Suu Kyi - Ein Leben für die Freiheit, C.H.Beck, 336 S. 19,95 Euro

(RP)
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