Düsseldorf Eliasson erhebt das Kochen zur Kunst

Düsseldorf · Der dänische Künstler hat ein Buch über die Kochrituale in seinem Berliner Studio herausgebracht.

Mit einem von der Decke pendelnden Ventilator wurde er berühmt. Später färbte Olafur Eliasson Flusswasser mit ungiftigen Stoffen grün und definierte die Reaktionen des Publikums als Teil seines Kunstwerks. In New York installierte der Däne mit isländischen Wurzeln vier künstliche Wasserfälle rund um die Südwestspitze Manhattans. Und mit seiner gigantisch leuchtenden Installation eines Sonnenuntergangs in der Turbinenhalle der Londoner Tate Modern hat er sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt.

All dies ist Kunst, die auf den ersten Blick nicht verkäuflich scheint, die den Urheber indes als Magier der bildnerischen Elemente mit hohem physikalischem Kalkül charakterisiert. Neben solchen nicht greifbaren, oft vergänglichen Werken gibt es eine Vielzahl von Skulpturen, Installationen, Zeichnungen und Glasarbeiten, die in internationalen Museen ausgestellt werden.

Olafur Eliasson (49) ist einer der bedeutendsten internationalen Künstler der Gegenwart, der den Geheimnissen der menschlichen Existenz und den der Erde innewohnenden Gesetzen, Formen und Kräften fantasiereich nachspürt.

In seinem Berliner Studio, einer umgebauten Brauerei am Prenzlauer Berg, hat er rund 90 Mitarbeiter verschiedener Fachrichtungen beschäftigt. Die kreative Arbeitsatmosphäre ist ihm wichtig in seinem Kunstunternehmen, wo sich das Versorgen der Menschen mit den Jahren zu einem ebenso ausgetüftelten System entwickelt hat, wie man es von Eliassons Kunst her kennt. An den langen Tafeln isst man nicht einfach zu Mittag, schiebt Essen in die Mikrowelle oder lässt Pizza bringen.

Die Mitarbeiter sind ihrem Arbeitgeber wichtig, so dass der zwischen Dänemark und Berlin pendelnde Künstler an vier Tagen in der Woche mit allen das Mittagsmahl zelebriert. "Die Küche hat einen Gemeinschaftsaspekt", sagt Eliasson, "der eng mit unserem Respekt und unserer Wertschätzung für biologisch angebaute Lebensmittel verknüpft ist." Nichts Essbares darf verschwendet werden, Küchenkultur regiert über die Bereitung der fast ausschließlich vegetarischen Gerichte. Vieles von dem, was auf den Tisch kommt, wird auf Dachterrassen und in Höfen angebaut, fast alles in Handarbeit hergestellt.

Der Akt der Nahrungsaufnahme wird als Ritual betrachtet, das dem Körper als kleines Universum Rechnung tragen soll. Essen oder Verdauen habe assoziativ mit Farben und Klängen zu tun, das Kochen mit Flow. Eliasson sagt: "All das steht für den Idealismus, den ich im gesamten Studio zu pflegen versuche."

Über das Kunstprojekt der Studioküche liegt nun ein reichhaltiges Buch vor, eine Sammlung von Statements, Aufsätzen und philosophischen Abhandlungen. Ganz anregend sind die vielen ungewöhnlichen Rezepte - das geht von einfacher Gemüsesuppe über herzhafte Scones und zwei Arten von Risotto bis zu Penne in Tomatensoße mit Ingwer. Eine detaillierte Beschreibung der oft exotisch klingenden Ingredienzien ermuntert zum Nachkochen. Reich und schön bebildert ist es im schwarz-weißen Grund, in Originalfarben sind allein die Lebensmittel gehalten.

"Wenn wir kochen, nutzen wir die Welt und produzieren sie gleichzeitig", schreibt Eliasson. "Beim Essen nehmen wir die Welt auf und bringen Licht in unsere Körper." Der Künstler ist durch diese Publikation noch glaubhafter geworden.

(RP)
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