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Äthiopischer Kaiser besuchte vor 60 Jahren das Rheinland Entwicklungshelfer Haile Selassie

Bonn · Vor 60 Jahren besuchte der äthiopische Kaiser Haile Selassie I. das Rheinland - ein historisches Ereignis.

Es war in seiner Wirkung fast so wie beim Gewinn der ersten Fußballweltmeisterschaft für Deutschland. Und es war im selben Jahr: der Staatsbesuch des legendären äthiopischen Kaisers Haile Selassie I. 1954 - also vor sechs Jahrzehnten. Aus heutiger Sicht hört sich das etwas zu pompös an.

Der hoch entwickelte Industriestaat als Gastgeber auf der einen und das arme afrikanische Entwicklungsland auf der anderen Seite. Wie gesagt, nur aus heutiger Sicht. Damals aber war die kaiserliche Visite ein wichtiger Schritt für die Deutschen aufs internationale Parkett und somit der noch unsichere Gehversuch in die Richtung einer noch fernen staatlichen Normalität: Kaiser Haile Selassie I. war der erste offizielle Staatsgast in Deutschland.

Außerdem war Haile Selassie 1935 von den Italienern unter Benito Mussolini aus seinem Land vertrieben worden und war erst mit Hilfe der Briten 1941 wieder zurückgekehrt. Auch diese Geschichte hatte den Kaiser zum überzeugten Antifaschisten werden lassen. Und dieser Mann besuchte jetzt das frühere Land der Nazis. "Damit war der Bann über Deutschland gebrochen", sagt Prinz Asfa-Wossen Asserate. So eigenartig dies auch klingen mag: Mit dem Besuch aus Äthiopien konnte Westdeutschland nach seinen Worten wieder das Gefühl bekommen, in die Weltgemeinschaft aufgenommen worden zu sein. Der Großneffe des Kaisers ist den meisten wegen seines Plädoyers für gute Manieren bekannt. Jetzt hat er auch der Deutschlandreise seines Onkels - den er seit seiner Kindheit persönlich kannte - ein Buch gewidmet.

Wobei zwei Herzen in der Brust des Prinzen schlagen: das des Äthiopiers, der in seiner Heimat eine unbeschwerte Jugend erleben und sorgsame Ausbildung genießen konnte. Sowie das des 1968 Eingewanderten, der in Tübingen, Cambridge und Frankfurt studierte, in Düsseldorf arbeitete und jetzt in Frankfurt Unternehmensberater ist. Und der eine Geschichte mit sich herumträgt, die ihm nicht aus dem Kopf gehen will. Wie er 1968 von Tübingen aus mit vier Kommilitonen ins nahegelegene Straßburg reist und dort in eine Studentenkneipe einkehrt. Sehr lustig sei es dort gewesen, sagt Asserate. Bis die Gastgeber sie nach der Nationalität fragten und alle deutschen Freunde sich als Österreicher ausgaben - aus Angst vor einer möglichen Diffamierung. "Für mich ist damals eine Welt zusammengebrochen", sagt er heute.

Auch diese Episode war Antrieb für ihn, den Staatsbesuch vor sechs Jahrzehnten aus deutscher Sicht zu beschreiben. Aus der Perspektive eines Staates, der diplomatisch vielleicht noch unsicher, auf jeden Fall aber nervös war. Das Protokoll sah für die Deutschen drei verschiedene Garderoben vor mit Frack, Orden und Tracht. Sogar die Kameraleute mussten Frack tragen. Zudem bemühte man den äthiopischen Gast, der sich als der 225. Nachfolger des König Salomons sah und auch "Löwe von Juda" genannt wurde, ebenso redlich wie drollig mit heimisch-folkloristischer Kulisse zu entzücken. Der gerade in Bonn gastierende Zirkus Hagenbeck wurde gebeten, auf der Brücke von Bonn-Beuel ein paar seiner Kamele und Elefanten zu postieren. Was der Kaiser dabei dachte, ist leider nicht mehr überliefert. Aber auch ohne diese Wildtierparade im beschaulichen Bonn war manches für den Rheinländer exotisch. Dass etwa das kaiserliche Gefolge 45 Zimmer im Hotel Petersberg in Beschlag nahm. Und dass als Gastgeschenk Haile Selassie den Bonnern zwei in Gold und Silber gefasste Elefantenzähne, außerdem Speere und einen Schild feierlich überreichte. Die Gastgeber hingegen versuchten dem Bildungsauftrag ihres Landes alle Ehre zu machen und übereigneten dem Kaiser eine komplette Klassenzimmereinrichtung - mit 30 Schulbänken und Tischen, einem Pult und einer Tafel. Für diese Ausrüstung gab es sogar eine Schenkungsurkunde.

Nach zwei Tagen in Bonn und Köln traf Haile Selassie am Düsseldorfer Hauptbahnhof ein. Der Empfang dort war derart pompös, dass die Presse der jungen deutschen Demokratie übermütig titelte: "Endlich wieder ein Kaiser!" Auf dem Düsseldorfer Bahnsteig ereignete sich auch die einzige kleine Panne einer ansonsten perfekten Reise. Denn etwas missmutig soll der Kaiser das Fahnenmeer betrachtet haben, in dem er auch die Flagge des ungeliebten Italien zu erblicken glaubte. Der Fall konnte schnell aufgeklärt werden: Bei dem vermeintlichen Italien handelte es sich um Nordrhein-Westfalen.

Der Besuch im November 1954 - der unter anderem noch nach Krefeld, ins Kruppsche Hüttenwerk von Rheinhausen und zu einem Empfang in die Villa Hügel in Essen führte und mit einem Gala-Empfang auf Schloss Benrath glitzernd endete - war für Deutschland eine Art außenpolitischer Erfolg im eigenen Land. Für Prinz Asfa-Wossen Asserate hätten die Deutschen von ihren Gästen aber auch etwas lernen können: nämlich "mehr Selbstbewusstsein".

Die Reise war reich mit Symbolen und politischen Gesten ausgestattet. Die Grundstimmung der auch am Straßenrand staunenden und jubelnden Deutschen ist nach den Worten von Prinz Asfa-Wossen Asserate eine der Dankbarkeit gewesen. Denn viele hatten nicht vergessen, dass es Äthiopien war, das den frierenden Deutschen in der Winterkälte des Jahres 1947 wichtige Hilfe geschickt hatte: Winterdecken im Wert von damals beträchtlichen 200 000 Dollar.

(RP)
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