Essen Eon bringt Farbe in Essener Zentrale

Essen · Nach dem Firmensitz in Düsseldorf ist jetzt auch der Ruhrgebietssitz des Unternehmens mit Kunst ausgestattet.

Auf dem Feld der bildenden Kunst hat der Düsseldorfer Energie-Konzern Eon zuletzt nicht mit Ausstellungen, sondern mit einem spektakulären Verkauf von sich reden gemacht. Mit dem Erlös von 8,3 Millionen Euro, den die Versteigerung eines Gemäldes von Jackson Pollock erbrachte, wollte das Unternehmen die weitere Finanzierung seiner umfangreichen Kulturförderung sichern.

Der Konzern hat sich inzwischen ein striktes Spar-Programm auferlegt, und das bedeutet, dass auch die Kunstsammlung einstweilen nicht erweitert wird. Allerdings ist auch nicht geplant, noch ein Werk zu verkaufen.

Wie im Zeitalter des Sparens manches Museum in seiner Ausstellungspolitik auf die Schätze zurückgreift, die im Depot lagern, vergewissert sich auch Eon seines bislang unsichtbaren Reichtums. Aus seinem Schatz an 1800 Werken - von denen ein geringer Teil in der Düsseldorfer Firmenzentrale hängt - hat das Unternehmen 240 herausgegriffen, um Farbe in das vor vier Jahren eröffnete, gläserne Eon-Hochhaus in Essen zu bringen. Die dort tätigen 2000 Mitarbeiter können sich nun auf den Fluren, in Sitzungssälen und im Foyer, teilweise auch in ihren Büros von Kunst beflügeln lassen - Mitarbeiter aus unterschiedlichen Eon-Gesellschaften und Fachbereichen. Die meisten sind bei Eon Deutschland beschäftigt, der Einheit, die vor allem für Verteilung und Vertrieb von Strom und Erdgas zuständig ist.

Während die Mitarbeiter der Eon-Zentrale in Düsseldorf ein Spektrum bedeutender deutscher und amerikanischer Nachkriegskunst vor Augen haben, nimmt die neue Essener Dauerschau verstärkt Bezug auf das Metier. Denn eine der Vorgängerfirmen von Eon, die Ruhrgas AG, sammelte speziell Kunst, in der Gas eine Rolle spielt. Das klingt exotisch, doch hat sich das Sammlungsgebiet als ausgesprochen ergiebig erwiesen. Ein aus einer Serie stammendes Gemälde von Alexander Calder zum Beispiel, der durch seine Mobiles Ruhm erlangte, trägt den Titel "Gas- und Wasserleitung" und passt damit genau ins Konzept. An der Wand eines Flurs reihen sich grafische Arbeiten zum Thema Gas aneinander: von Otto Dix' aus einem Holzschnitt leuchtenden Laternen über einen Gasometer von George Grosz bis zu Kurt Schwitters' comichaftem Blatt "Die blöde Laterne".

Als Visitenkarte der Sammlung kann man die Inszenierung im weiträumigen Foyer des 14 Etagen umfassenden Hochhauses nahe der Messe betrachten. Drei Werke, von denen zwei förmlich ins Auge springen und eins durch seine Zurückhaltung überzeugt, verkörpern nicht nur drei Richtungen der Kunst im 20. Jahrhundert, sondern auch drei der Sammlungen, aus denen die Eon-Kollektion erwachsen ist: Rupprecht Geigers 3,40 Mal 3,40 Meter messendes Gemälde, in dem Rottöne ineinander verfließen, stammt von "Eon Energie", John Chamberlains farbige Schrottskulptur "Riroriro Pongo" gelangte von der Ruhrgas AG zu Eon, und das großartige, dezente schwarz-weiße Gemälde "Paname" von Ellsworth Kelly befand sich einst im Kunstdepot der Veba.

Unweit davon, ebenfalls im Erdgeschoss, erzählt eine Fototapete von Gas-Werbung auf Plakaten. Die Originale befinden sich als Leihgaben von Eon im Deutschen Plakat-Museum innerhalb des Essener Museums Folkwang. Vergnüglich ist es zu erleben, wie sich die Werbung für Gas zwischen 1880 und 1975 wandelte: von der über Paris schwebenden barbusigen Schönheit mit Gas-Leuchte in der Rechten über ein Huhn, das in einen Gasherd fliegt, bis zu jener nüchternen Reklame der Nachkriegszeit, die - wie jene der Firma Vaillant - spröde für eine "Warmwasserquelle für jeden Haushalt" wirbt.

Aus den zahlreichen Kunstwerken, die nicht dem Thema Gas gelten, ragt eine Großfotografie der Düsseldorferin Katharina Mayer heraus. Ihr "Gastmahl der Freunde" greift eine Schrift Platons auf und zeigt eine Speisung sozial Schwacher in einem Kloster an der Düsseldorfer Immermannstraße. Auf der inszenierten Fotografie tragen einige der Dargestellten weiße Hütchen, in der Mitte posiert ein chinesischer Koch im Refektorium des Hauses. Einige der Gäste ruhen mit ihrem Kopf auf der Tischplatte - eine ganz und gar künstliche Atmosphäre, die sich in ihrer surrealen Anmutung dem Bildgedächtnis unmittelbar einprägt.

In einem Konferenzsaal des Erdgeschosses dreht sich alles ums Licht: Adolf Luthers Spiegel-Kunst trifft auf Farbiges von Heinz Mack, und an anderer Stelle des Konferenzbereichs setzen hochästhetische Prägedrucke von Günther Uecker, Bilder in Mondrian-Farben von Imi Knoebel und stille "konkrete Kunst" von Francois Morellet oder Ludwig Wilding ungegenständliche Akzente. Und was hätte besser ins Café des Gebäudes gepasst als Obstbilder von Karin Kneffel und Salvador Dalí?

(RP)
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