Die Jury des Filmfestivals Berlinale ist wie Weihnachten

Berlin · Noch bevor heute Abend internationale Stars wie Juliette Binoche in Berlin über den Roten Teppich laufen, hat sich die Jury schon vorgestellt. Chef der Runde ist US-Regisseur Darren Aronofsky, aber Patriarch will der nicht sein. Und vorbereitet auch nicht.

 Dorothee Krings berichtet von der Berlinale 2015.

Dorothee Krings berichtet von der Berlinale 2015.

Foto: Krings

Er hat sich noch nicht mit den Wettbewerbsfilmen beschäftigt. Sagt Jury-Präsident Darren Aronofsky zumindest und zwinkert in die Runde. Der amerikanische Regisseur gibt sich lässig beim ersten öffentlichen Auftritt der Jury, trägt Bart und Schirmmütze und wirkt wie der Chef eines erfolgreichen Start-ups aus Silicon Valley: Locker, sportlich, selbstbewusst. Die Art von Chef, für den die Arbeit ein Spiel ist, aber Gewinnen Pflicht. Ein ziemlich heterogenes Juroren-Team muss Aranofsky in den nächsten Tagen zum Ziel, also zu einer Entscheidung führen: Zur Jury gehören der koreanische Autor und Regisseur Bong Joon-ho, dessen Film "Snowpiercer" 2014 im Forum der Berlinale sehr umstritten war.

Außerdem die US-amerikanische Produzentin Martha De Laurentiis ("Hannibal"), die Regisseurin Claudia Llosa aus Peru, die 2009 den Goldenen Bären für "Eine Perle Ewigkeit" gewann, die französische Schauspielerin Audrey Tautou ("Die fabelhafte Welt der Amélie"), der deutsche Schauspieler Daniel Brühl und Matthew Weiner, der als Autor und Produzent den US-TV-Serienhit "Mad Men" verantwortet. Ob er am Ende ein Machtwort sprechen werde, wenn diese Jury sich nicht auf einen Siegerfilm einigen könne, wird Aronofsky gefragt. Er halte die Berlinale für eine demokratische Veranstaltung, gibt der zur Antwort. Alle hätten gleiches Rederecht, "klares Wasser", das sei sein Prinzip.

Jedenfalls besitzt Aronofsky Geduld. Selbst auf die absurdesten Fragen der Journalisten hat er eine Antwort mit Pointe parat. So will eine russische Redakteurin wissen, ob er denn auch Filme möge, die nicht so verrückt seien wie seine eigenen. Zwar hat Aronofsky mit "Black Swan" einen gewagten Genre-Mix vorgelegt, als er einen Tanzfilm in einen Thriller mit Horrorelementen übergehen ließ, aber "verrückt", das hält der Regisseur zunächst für einen Übersetzungsfehler. Kopfschütteln aus der Übersetzerkabine. Also antwortet er freundlich, dass er natürlich Filme jedes Genres wertschätze, verrückt müssten sie nicht sein.

Internationale Filmfestspiele Berlin: Die Berlinale-Jury 2015
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Daniel Brühl freut sich auf zehn Tage Filmkunst und erklärt, dass er in diesem Jahr auf die Partys der Berlinale verzichten werde. Wie er denn das viele Filmschauen durchhalten wolle, wird er gefragt: "Weniger trinken", gibt er zur Antwort. Seine Charmeoffensive gegenüber Kollegin Audrey Tautou lässt die allerdings abblitzen. Überhaupt will sie nicht die süße Amélie der Jury sein. "Ich bin verrückter als die Leute glauben, die mich wegen meiner süßen Rollen für ein Stück Zucker halten", sagt Tautou. Als man sie fragt, wie sie selbst mit schlechten Kritiken umgehe, gibt sie zur Antwort: "Leider habe ich noch nicht aufgehört zu rauchen, aber ich habe aufgehört, schlechte Besprechungen zu lesen."

Schwer auszumachen, wie diese Jury über die Wettbewerbsbeiträge der nächsten Tage urteilen wird. Zumindest diese Spannung ist der Berlinale also schon mal gewiss.

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