"Queen of the Desert" auf der Berlinale Nicole Kidman unter Geiern

Berlin · Werner Herzog stellt bei der Berlinale sein Wüstengemälde "Queen of the Desert" vor. Darin zeigt er, wie nur er Tiere und Natur filmen kann. Zwischen den Hollywood-Stars Nicole Kidman, James Franco und Damian Lewis stimmt die Chemie. Nur Robert Pattinson ist als Lawrence von Arabien eine Lachnummer.

 Dorothee Krings berichtet von der Berlinale 2015.

Dorothee Krings berichtet von der Berlinale 2015.

Foto: Krings

Sie sind verliebt: Nicole Kidman als Wüstenreisende Gertrude Bell und James Franco als der romantische Mitarbeiter der britischen Botschaft. Gemeinsam galoppieren sie hinaus in ein Meer aus Sand, klettern auf einen einsamen Turm, auf dem die Beduinen ihre Toten den Geiern überlassen. Nur Werner Herzog kann es einfallen, seine Hauptfiguren an einem solchen Ort zum ersten Kuss zu führen. Daraus wird dann auch nichts, aber die Szene ist eine der stärksten in "Queen oft he Desert", weil Herzog da mit den Hollywood-Konventionen bricht, obwohl er doch Hollywood-Stars vor der Kamera hat.

Herzog ist das verkannte Genie aus Deutschland. Große, eigenwillige, ruppige Filme über ungewöhnliche Männer hat er gedreht. Fünf allein mit Klaus Kinski. Große Ehre aber wurde ihm in Deutschland nicht zu Teil. Vor 20 Jahren zog er in die USA, ist dort ungeheuer produktiv, dreht ungewöhnliche Dokumentationen und immer wieder Spielfilme, die sich von allem Erwartbaren abheben. Doch dann ließ ihn die Geschichte von Gertrude Bell nicht mehr los. Von einer klugen, schönen Britin, die zur Zeit des Ersten Weltkriegs in den Nahen Osten ging und das zerfallende osmanische Reich bereiste.

Die Frau, die allein in die Wüste aufbrach und von den Beduinen hoch geachtet wurde, erlebte in der Liebe nur Tragik. Natürlich ist das großer Filmstoff. Und natürlich hätte Herzog alles getan, um diese Geschichte in die Bilder zu verwandeln, die er längst im Kopf hatte. Am Ende ging er dafür den Pakt mit Hollywood ein und drehte mit den Stars, die ein Großprojekt in der Wüste finanzieren. "Ich habe so viele Filme über Männer gedreht", sagte Herzog in Berlin, "ich dachte, ich könnte nichts anderes." Doch mit Gertrude Bell habe er den Reiz von Frauenfiguren entdeckt. "Leider erst sehr spät", so Herzog, "aber den Weg werde ich weiter verfolgen."

Herzog beweist ein Gespür für Frauengeschichten

Mit "Queen of he Desert" beweist Herzog nicht nur sein Gespür für Frauengeschichten. Er zeigt auch, was entsteht, wenn ein eigenwilliger Autorenfilmer, ausgezeichneter Dokumentarist und besessener Geschichtenerzähler sich auf Hollywoodgeld einlässt. Herzogs Film wirkt einerseits gezähmt, weil die Geschichte konventionellen Mustern folgt. Herzog schickt seine schöne Hauptdarstellerin ein ums andere Mal in die Wüste, manchmal kommen wie im Winnetou-Film wilde türkische Reiter um die Düne, doch Kidman bezwingt sie alle.

Das wäre völlig eintönig, höchstens deswegen reizvoll, weil Herzog immerhin von einer weiblichen Lawrence von Arabien erzählt. Doch Herzog lässt sich die Geschichte eben doch nicht ganz aus der Hand nehmen. Er hat seine Stars in die Wüste gejagt, hat bei Wind und Wetter gedreht mit wilden Tieren. Unverwechselbar, wie er Sandstürme filmt, wie er Kamelen beim Saufen zusieht, wie er aus äußeren Landschaften, innere Zustände formt. Dabei lässt sich Herzog ein auf die Wirklichkeit.

Der Geier etwa, erzählt James Franco, sei keineswegs ein dressiertes Tier gewesen, wie er vermutet hatte. "Den hat Werner einfach vom Straßenrand holen lassen und er hat nach Nicole geschnappt", so Franco in Berlin. Er spielt den ersten Liebhaber der Gertrude Bell, einen romantischen Melancholiker und Spieler. Tatsächlich knistert es ein wenig zwischen Kidman und Franco, das hat Herzog geschafft. Er taut die beherrschte Kidman auf, wenn man ihr die ganz große Verzweiflung auch immer noch nicht abnimmt. Auch Damian Lewis als britischer Soldat, der von der Leidenschaft überrascht wird, geht noch an. Robert Pattinson aber als junger Lawrence von Arabien wirkt wie der verkleidete Gaststar in der Muppet-Show. Der ehemalige "Twilight"-Star will unbedingt als Charakterdarsteller ernst genommen werden. Doch er kann nicht in Rollen verschwinden, er bleibt das "Twilight"-Gesicht, das in einer fremden Geschichte auftaucht.

Politisch zeigte sich Herzog in Berlin konservativer als man hätte vermuten können. Zu den politischen Hintergründen einer Geschichte, die im heutigen Irak spielt, hätte er sich am liebsten gar nicht geäußert. "Wir erzählen nicht Geschichte, sondern eine Geschichte, das ist ein Unterschied", sagte er. Dann wollte er aber doch noch loswerden, dass man nicht hochmütig über die Kolonialzeit im Nahen Osten urteilen solle. "Die Alternative erleben wir jetzt", so Herzog, "die Alternative ist vollkommene Regellosigkeit oder der islamische Staat." Als gäbe es keinen Zusammenhang zwischen kolonialer Vergangenheit und aktueller Entwicklung. Aber vielleicht ist das nicht das Thema für eine Pressekonferenz bei der Berlinale.

(RP)
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