Künstler geht hart ins Gericht Bildhauer Metzel zerlegt Ruhr 2010

Berlin (RP). Der in München lebende Künstler hat sich eingehend mit dem Ruhrgebiet befasst und geht mit der Region hart ins Gericht. So empfindet er die Eröffnungsveranstaltung des Kulturhauptstadtjahrs in Essen als "Peinlichkeit ohne Ende". In Duisburg lässt er auch seine Installationen Kritik äußern.

Wenn es offiziell wird, stellt sich das Ruhrgebiet gern von seinen vermeintlich besten Seiten und damit ganz und gar wirklichkeitsfern dar. So wie beim Festakt zur Eröffnung des Kulturhauptstadtjahrs, als Herbert Grönemeyer sinnigerweise und bemüht volksnah "Komm zur Ruhr" sang. Daheim vor dem Fernsehgerät empfand der in München lebende Bildhauer Olaf Metzel (57), ein Querulant von Rang, die Bühnenshow als "Peinlichkeit ohne Ende", wie er gestern in Duisburg bekannte. "Der Auftakt ist völlig danebengegangen", so legte er nach. Und das ist nicht das Einzige, was ihn stört.

Metzel hat weder etwas gegen das Ruhrgebiet noch gar gegen dessen Bewohner, doch lässt er keinen Zweifel daran, dass ihm das Programm von Ruhr 2010 zu viel Ablenkung und zu wenig Konzentrat bietet. "Die Messlatte muss hier einfach mal höher gelegt werden", so fordert er. Mit anderen Worten: Das Ruhrgebiet darf sich nicht immer nur in selbstgefälligem Eigenlob ergehen, sondern muss mit Taten beweisen, dass es zu außerordentlichen Leistungen fähig ist.

Die gibt es zwar, etwa in Gestalt des privat finanzierten, überragenden Folkwang-Neubaus in Essen, aber sie drohen in einem Wust von Mittelmaß unterzugehen. Metzel macht mit seiner Kritik auch da nicht halt, wo er selbst verstrickt ist. Seine Ausstellung in der Duisburger Küppersmühle trägt im Titel die Reihe, der sie angehört: "Mapping the Region". "Ein bescheuerter Titel", so wettert der Künstler, "warum auf Englisch?" Wo doch im Ruhrgebiet die erste Fremdsprache Türkisch sei.

Die Stoßrichtung von Metzels Kritik ist eindeutig: Das Ruhrgebiet sollte sich, statt Weltläufigkeit vorzutäuschen, mehr zu seiner eigenen Wirklichkeit bekennen und sich damit auseinandersetzen. Mit den ewigen Lobeshymnen auf den Strukturwandel, die jeder Lokalpolitiker aus dem Pott zu jeder Tages- und Nachtzeit herunterleiern kann, ist es nicht getan. Metzel bietet in seiner Kunst ein Beispiel dafür, wie es gelingen kann, das Ruhrgebiet mit seinen Problemen endlich einmal ernst zu nehmen.

Übrigens war Herbert Grönemeyer mit "Tief im Westen" schon einmal näher an der Wirklichkeit des Kohlenpotts als mit "Komm zur Ruhr", dieser unsäglichen "Seelenruhr / Von schwerverlässlicher Natur / Urverlässlich, sonnig, stur / So weit, so ur".

(RP)
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