"Café Society" Woody Allen lässt Kristen Stewart strahlen

Düsseldorf · "Café Society" heißt die neue Produktion des 80-jährigen Regisseurs. Zu erleben ist sicher kein großer, aber ein vergnüglicher Film.

 Jesse Eisenberg als Bobby und Kristen Stewart als Vonnie in "Café Society".

Jesse Eisenberg als Bobby und Kristen Stewart als Vonnie in "Café Society".

Foto: dpa, csa

Das Erste, was einem an diesem Film auffällt, ist seine Farbigkeit. Keine Produktion von Woody Allen in der letzten Zeit hat so unfassbar gut ausgesehen, jedes Bild wirkt, als habe man es durch warmen Honig gezogen. Das ist eine Schwärmerei in allen Gelb- und Orangetönen von Bernstein bis Blütenstaub, und verantwortlich dafür ist der Kameramann, den man aber besser Lichtbildner nennt: Vittorio Storaro hat einst "Apocalypse Now" fotografiert und den "Letzen Tango in Paris".

Mit dem 80 Jahre alten Woody Allen arbeitete er zwar bereits 1989 zusammen, für eine Episode der "New York Stories" nämlich, aber hier haben sie nun ihren ersten gemeinsamen Langfilm produziert.

"Café Society" heißt der neue Woody Allen, und was man zu sehen bekommt, ist leichtes Kino, eine melancholische Liebesgeschichte aus den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, die ohne Wendungen und doppelte Ebenen erzählt wird: kein großes, aber ein vergnügliches Werk. Im Mittelpunkt steht Bobby Dorfman (Jesse Eisenberg), der weg will aus der engen Wohnung seiner jüdischen Eltern. Also reist er ins Licht, nach Los Angeles, in die Sonne Kaliforniens. Dort arbeitet sein Onkel Phil (Steve Carell) in der Filmbranche, wobei man nie so genau erfährt, was er eigentlich macht - außer auf Anrufe zu warten.

Phil stellt dem Neffen seine Assistentin Vonnie vor, die wird gespielt von Kristen Stewart, und deshalb verliebt sich Bobby auf der Stelle in sie. Woody Allen muss übrigens ebenfalls verknallt in die 26-Jährige sein, er zeigt Stewart zumeist in Nahaufnahme, er malt ihr Gesicht auf die Leinwand, setzt ihr weiße Schleifen ins Haar und steckt Blümchenschmuck an ihre Ohren, und er inszeniert sogar den Flaum auf ihrer Oberlippe als Ereignis. Dabei passt sie im Grunde gar nicht so gut zu ihrer Rolle, Kristen Stewart ist ja wie keine andere Kollegin an die Gegenwart gebunden, anderswo wirkt sie stets irgendwie verkleidet.

Bobby und Vonnie schäkern jedenfalls sehr schön miteinander. Sie schauen sich "The Lady in Red" mit Barbara Stanwyck im Kino an, einen Film, der in Woody Allens Geburtsjahr 1935 veröffentlicht wurde. Bobby ist unsicher und räuspert sich oft, und als sie ihn anruft, um eine Verabredung abzusagen, weil sie im Bett ihres Liebhabers bleiben möchte, entgegnet er: "Aber ich habe doch den Tisch gedeckt. Und den Wein geöffnet, damit er atmen kann."

Vonnies Liebhaber - das ist der Kniff des Ganzen - ist ausgerechnet Onkel Phil, und ohne es zu wissen, fungiert der arglose Bobby als Postillon d'Amour zwischen den beiden. Irgendwann mag Bobby nicht mehr, man versteht ihn gut, er reist heim nach New York, und als er Vonnie wiedersieht, ist sie bereits seine Tante.

Woody Allen interessiert sich kaum für das Wie und Warum seiner Geschichte, er will bloß das Was zeigen. Aber wenn man akzeptiert hat, dass Woody Allen in diesem Film nichts weiter anstrebt, als die Oberfläche zu feiern, kann man durchaus seinen Spaß mit "Café Society" haben. Es ist schön zu sehen, wie unterschiedlich der Regisseur die Städte Los Angeles und New York einfärben lässt, die eine hell, die andere bräunlich. Und wie er Bilder komponiert, die man einfrieren und länger betrachten möchte. Der Blick aus dem Haus eines Paares etwa, der sich zuerst auf die Terrasse, dann in den Garten und schließlich zum Horizont öffnet.

Die beste Einstellung indes ist das nächtliche Zusammensein von Bobby und Vonnie im menschenleeren Central Park. Er steht am linken Bildrand, sie wartet in der Mitte, und nach links hin windet sich eine endlose weiße Mauer. "Du bist wie ein Poet", sagt sie. "So bin ich nicht zu jedem", entgegnet er, und natürlich muss sie dann nach links zu ihm hin und ihn küssen. Die Mauer scheint sich nun noch viel stärker und endloser zu winden, und es ist wunderbar, da zuzugucken.

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Foto: 20th Century Fox

Diese Episode soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das ein unromantischer Film ist, eine kühle Lehrstunde über gebrochene Herzen und zerschlagene Träume. Der kummerversehrte Bobby eröffnet in New York einen Nachtclub mit seinem kriminellen Bruder Ben, und dass das Haus so gut läuft, liegt daran, dass Ben Gegner in flüssiges Zement legt. Die Polizei kommt ihm auf die Schliche, und kurz bevor die Todesstrafe vollstreckt wird, tritt Ben zum Christentum über. Warum? "Weil die ein Jenseits haben." Die Mutter ist empört: "Erst Mörder, jetzt auch noch Christ. Womit habe ich das verdient?"

Bobby trifft in seinem Nachtclub bald eine Dame aus der Gesellschaft, es ist Veronica (Blake Lively), und sie ist geschieden. "Was machen sie später?", fragt Bobby. "Wieso später, es ist doch schon halb zwei", entgegnet sie. "Ich habe um zwei Uhr Feierabend", sagt Eisenberg, und kurz danach heiraten sie. In seinem Herz ist dennoch nur Vonnie, und einmal blendet Woody Allen die Köpfe von Kristen Stewart und Jesse Eisenberg übereinander. Aber ohne dass sie eins werden.

Ein Erzähler kommentiert das Geschehen aus dem Off, und unter der Stimme liegt wehmütiger Jazz, "Taxi War Dance" von Count Basie etwa. Zur Musik tritt das Personal auf und wieder ab, das Bobbys Nachtclub bevölkert. Halbseidene und Politiker, Fotomodelle und Schwätzer, und Woody Allen inszeniert das als Tanz, er choreografiert das Defilee mit viel Lust. Am Ende ist man auf heitere Weise versonnen. Das Leben ist eine Komödie. Geschrieben von einem Sadisten.

"Café Society", USA 2016 - Regie: Woody Allen, mit Jesse Eisenberg, Steve Carell, Kristen Stewart, 98 Min.

(hols)
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