Filmfestival Cannes Goldene Palme für Sozialdrama von Ken Loach

Cannes · Die deutsche Regisseurin Maren Ade war die große Favoritin - wird dann aber völlig übergangen. Beim Festival in Cannes triumphiert stattdessen ein gesellschaftskritisches Drama aus Großbritannien.

 Regisseur Ken Loach freut sich über seine Auszeichnung.

Regisseur Ken Loach freut sich über seine Auszeichnung.

Foto: afp

Sie war die große Favoritin und ging am Ende doch völlig überraschend ganz leer aus: Die deutsche Regisseurin Maren Ade konnte die Jury beim Filmfest Cannes nicht überzeugen. Stattdessen gewann der Brite Ken Loach mit dem berührenden Sozialdrama "I, Daniel Blake" die Goldene Palme. Wie in seinem Film prangerte Loach auch in der Dankesrede die sozialen Ungerechtigkeiten in Europa an.

"Das Kino kann uns die Welt näherbringen, in der wir leben - und die Welt in der wir leben, ist derzeit an einem gefährlichen Punkt", sagte Loach am Sonntagabend bei der Preisverleihung. "Wir sind im Würgegriff der Sparmaßnahmen, die angetrieben werden von Ideen, die wir Neoliberalismus nennen - die uns an den Rand einer neuen Katastrophe bringen." Das habe viele Menschen in Griechenland, Spanien und Portugal in Not gebracht "und einigen wenigen grotesken Reichtum". Die Gefahr sei, dass rechte Parteien davon profitieren könnten.

Loach zeigte so eindrucksvoll, dass er auch mit 79 Jahren seinen Kampfgeist nicht verloren hat. Immerhin bewies er schon mit seinem früheren Werken wie "The Wind That Shakes the Barley" und "Bread and Roses" seinen Sinn für soziale Gerechtigkeit.

Der Brite hatte in dem starken Wettbewerb dieses Jahr zum Kreis der Favoriten gehört. Der Brite erzählt sehr eindringlich von dem aussichtslosen Kampf des älteren Handwerkers Daniel Blake gegen die Behörden. Als der wegen einer Krankheit arbeitsunfähig wird, wird sein Antrag auf Ersatzleistungen nicht genehmigt - und Daniel Blake muss um seine Existenz und seine Würde fürchten.

Der zweite große Gewinner ist der jüngste Regisseur des diesjährigen Wettbewerbs: Der Kanadier Xavier Dolan gewann für sein Drama "Juste la fin du monde (It's Only the End of the World)" den Großen Preis der Jury, die zweitwichtigste Ehrung des Festivals. Der 27-Jährige zeigt darin eine völlig zerstrittene Familie.

Überhaupt zeichnete die internationale Jury um "Mad Max"-Regisseur George Miller in diesem Jahr vor allem Filme aus, die wie aus dem Leben gegriffen wirken: Als beste Schauspielerin wurde etwa die Philippinerin Jaclyn Jose ausgezeichnet. Sie spielt in "Ma' Rosa" von Brillante Mendoza eine Mutter, die wegen Drogenhandels festgenommen wird und in die Fänge der korrupten Polizei gerät.

Gleich zwei Auszeichnungen gingen an das Drama "Forushande (The Salesman)" des Iraners Asghar Farhadi: für das beste Drehbuch und für den Hauptdarsteller Shahab Hosseini. Farhadi erzählt von einem Ehepaar, das nach einem gewalttätigen Angriff selbst den Täter sucht - eine Geschichte um Moral und Würde.

Dass die 39-jährige Ade mit ihrer Tragikomödie "Toni Erdmann" bei den Preisen komplett übergangen wurde, löste bei vielen internationalen Kritikern Unverständnis aus. Alle Preise sind im Kern gerechtfertigt.
Einen fahlen Nachgeschmack hinterlässt aber, dass Ade nicht einmal einen der Nebenpreise gewann und der deutsche Film erneut leer ausging - eine große Enttäuschung.

(dafi/dpa)
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