Film-Kritik Der Hobbit kehrt zurück ins Kino

Düsseldorf · Der erste Teil der Vorgeschichte zum "Herrn der Ringe" startet übermorgen. Er sieht toll aus, ist aber viel zu lang.

Was man zu "Der Hobbit" und "Herr der Ringe" wissen muss
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Was man zu "Der Hobbit" und "Herr der Ringe" wissen muss

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Jetzt läuft dieser Film endlich an, so viele Menschen freuen sich darauf, aber man muss schon eingefleischter Tolkienist sein, um ihn vorbehaltlos mögen zu können.

"Der Hobbit" erzählt die Vorgeschichte zum "Herrn der Ringe", jener großen und 1954/55 in drei Bänden veröffentlichten mythischen Erzählung des Oxforder Literaturprofessors J.R.R. Tolkien. Peter Jackson brachte seine Verfilmung des Epos ebenfalls als Trilogie ins Kino, zehn Jahre ist das her, und die Produktion gilt seither als Rolls-Royce der Leinwand-Fantasy.

Jackson drehte in Neuseeland, ideale Landschaft, hinter jedem Stein lauerte ein Fabelwesen. Es war, als beträte man selbst die Handlung, als liefe man tatsächlich durch die sattgrünen Wiesen des Auenlands. Form und Inhalt waren gleichwertig, die Adaption wurde zum eigenständigen Kunstwerk.

In dieser Qualität sollte es weitergehen, versprach Jackson, als er ankündigte, auch den Roman "Der kleine Hobbit" für die Leinwand einzurichten. Dieser Text erschien knapp 20 Jahre vor dem "Herrn der Ringe". Tolkien berichtet darin, wie es zum Kampf zwischen den Zauberern, zum Krieg um Mittelerde kam, und er hatte seinen Kindern die Geschichte zur guten Nacht erzählt.

"Der kleine Hobbit" ist hübsch, ein Jugendbuch von 300 Seiten, aber es bietet — vor allem im Vergleich mit dem "Herrn der Ringe" — kaum endzeitlichen Tiefgang. Hier herrscht Ausflugsstimmung statt Apokalypse. Lediglich der Grundbass, der das große Werk durchziehen sollte, wird bereits zum Klingen gebracht.

Dieses Defizit gerät bei der Verfilmung zum Problem, zumal Jackson wieder den Dreisprung wagt: jetzt die erste Lieferung, die beiden folgenden in den Jahren darauf. Mit mehr als sieben Stunden soll "Der Hobbit" ebenso mächtig und bedeutend sein wie "Der Herr der Ringe". Dass dies indes nicht gelingt, lässt bereits Teil eins vermuten: Es gibt nicht so viel mitzuteilen, dass es für 169 Minuten ausreichen würde.

Die Handlung setzt 60 Jahre vor Beginn des Auftakts zum "Herrn der Ringe" ein. Man begegnet Bilbo Beutlin wenige Tage vor seinem 111. Geburtstag im Höhlenhaus mit den runden Türen, und der Hobbit beginnt dort die Niederschrift seiner Memoiren. Das Folgende wird rückblickend erzählt: Bilbo wurde einst von den Zwergen und Zauberer Gandalf überredet, sich ihnen anzuschließen. Sie wollen den Drachen Smaug töten, der die Vorfahren des Zwergen-Fürsts Thorin umgebracht hat. "Kannst du mir versprechen, dass ich zurückkomme?", fragt Bilbo widerwillig. Gandalf antwortet: "Nein. Und falls du zurückkommst, wirst du nicht mehr derselbe sein."

Jackson zieht schon die Rekrutierung Bilbos elend in die Länge. Als alles gesagt ist und es losgehen könnte, beginnen die Zwerge den Tisch abzuräumen, sie stimmen auch noch ein Lied an: Die Männer mit den komischen Bärten schinden Zeit und bringen die Handlung zum Stillstand.

Allmählich geht es von Schlacht zu Schlacht, und man begegnet dem Personal von Mittelerde wieder: Orks und Elben, Riesen und Gollum, und Bilbo kommt schließlich in den Besitz des Einen Rings. Jedes Gefecht wird in immenser Lautstärke und mit Wucht orchestriert.

Jeder Satz in den anschließenden Beratungen der Kämpfer wird zudem mit einer Bedeutungsschwere aufgeladen, die dem Buch schlichtweg fehlt und den betreffenden Sätzen zumeist auch. Es ist viel Geraune im Film, und das sorgt über diese lange Distanz nicht für Spannung; es ermüdet. Der Zuschauer fühlt keinen Sog, die einzelnen Stationen zur Bewährung des Helden wirken willkürlich aneinandergefügt.

Was wäre das für ein Film geworden, hätte man alle marketingtechnischen Zwänge über Bord geworden und ihn als konzentriertes Ganzes gezeigt! Denn in optischer Hinsicht übertrifft er den "Herrn der Ringe" sogar. Jackson drehte in 3D, er liefert 48 Bilder pro Sekunde statt der üblichen 24.

Die Hintergründe sind grandios, die Figuren stehen wie in einem Diorama da. Jackson positioniert sie an Klippen, damit die Kamera sie umkreisen kann, er hat einen Hang zum Panorama, und mitunter verspürt der Zuschauer den Drang, die Bilder zu berühren.

"Der Hobbit" sieht unglaublich toll aus. Doch die Überwältigung ist sich selbst genug. Das Kino verlässt man ermattet.

(RP/rm/csr/csi)
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