Action-Thriller "Drive" Der Killer mit den blauen Augen

Düsseldorf · In dem Action-Thriller "Drive" spielt Ryan Gosling einen namenlosen Mann, der sich in seine Nachbarin verliebt. Die Frau steckt in Schwierigkeiten, und als der Mann helfen will, gibt es Tote. Der düstere Film ist im Stil der 80er Jahre inszeniert. Er zitiert Vorbilder wie "Subway" von Luc Besson.

Bilder aus dem Thriller "Drive"
20 Bilder

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Er hat keinen Namen, sie nennen ihn einfach den Fahrer, und nachts zieht er im 72er Chevy Malibu seine Bahnen durch Los Angeles. Ryan Gosling spielt diese rätselhafte Figur, deren Gesicht so regungslos ist, dass es einen rasend macht.

Der 31-Jährige trägt eine goldglänzende Jacke mit aufgesticktem Skorpion, seine Finger stecken in braunen Lederhandschuhen, und wenn das Neonlicht der großen Stadt auf seine Augen fällt, sieht man, wie blau und kalt sie sind.

Der Film "Drive" des dänischen Regisseurs Nicolas Winding Refn ist ein atmosphärischer Action-Thriller, der sich reichlich aus der Filmgeschichte bedient. Seine Ästhetik verweist auf die 80er Jahre, auf "Subway" von Luc Besson etwa und die frühen Produktionen mit Tom Cruise.

"Ein Märchen"

Gosling zitiert in Spiel und Auftreten Steve McQueen und vor allem Ryan O'Neill in "The Driver" von Walter Hill (1978). Die pinkfarbenen Schreibschrift-Titel und der Soundtrack mit seinen zuckrigen Synthieflächen und den coolen Stimmen befördern die virtuose Künstlichkeit.

Winding Refn selbst nennt seinen ersten in den USA gedrehten Film "ein Märchen". Im Mittelpunkt steht der von Gosling gespielte junge Kerl, über dessen Biografie der Zuschauer nichts erfährt. Er arbeitet als Automechaniker, gelegentlich als Stuntman und manchmal als Fahrer des Fluchtautos bei Raubüberfällen.

Gosling spricht wenig, er steht nur da und sehnt sich nach irgendetwas — man wüsste so gerne, was es ist. Die Unwägbarkeit im Charakter seiner Hauptfigur macht "Drive" so spannend. Zuerst ist er ein Ritter, männlich und unnahbar, bald wird er zum Liebenden, romantisch und brutal.

Der Fahrer verliebt sich in seine Nachbarin, ein von Carey Mulligan gespieltes elfenhaftes Wesen. Die Begegnungen zwischen den beiden inszeniert Winding Refn anders als die Passagen, in denen Gosling alleine auftritt. Das Licht ist weicher, die Geschwindigkeit wird gedrosselt, die Einstellungen sind länger. Märchenhaft.

Als der Fahrer die Frau zum ersten Mal in seinem Auto mitnimmt, fährt er in einen trockengelegten Seitenarm des Los-Angeles-River. Je länger sie über den Beton fahren, desto grüner wird die Vegetation an den Ufern. Es ist eine vorübergehende Rückkehr zur Natur, das Liebesglück liegt außerhalb des Urbanen.

Dann beginnt der Schlamassel

Mit dem Eintritt der Nachbarin in die Handlung beginnt jedoch der Schlamassel. Sie hat einen Sohn, sein Vater sitzt im Knast, aber bald wird er entlassen. Er schuldet Kollegen von einst Geld, sie erpressen ihn, schlagen ihn zusammen, verängstigen das Kind. Also raubt er in seiner Not einen Pfandleiher aus, der Fahrer hilft dabei, er tut das seiner Nachbarin zuliebe. Eine kleine Sache eigentlich, aber der Mann der Nachbarin wird getötet.

Bei den Filmfestspielen in Cannes gab es für "Drive" Szenenapplaus, Winding Refn gewann dort die Silberne Palme für die beste Regie. Und damals wurde bereits darüber diskutiert, ob die Inszenierung inkonsequent sei, ob der Regisseur im zweiten Teil sein strenges Konzept nicht ohne Not über Bord werfe.

Tatsächlich nimmt "Drive" eine Wendung ins Gewalttätige, die ihn passagenweise wie eine Produktion von Quentin Tarantino wirken lässt. Die Szene etwa, in der Gosling und Mulligan sich im Fahrstuhl küssen.

Ein Mann steht dabei, er trägt eine Waffe, und als der Fahrer sie bemerkt, schlägt er den Unbekannten zusammen, er haut wie von Sinnen auf den Menschen ein, zehnmal, zwanzigmal und öfter. Am Ende öffnet sich die Lift-Tür, Mulligan tritt verstört heraus, und Gosling bleibt mit blutverschmiertem Blouson in der Kabine zurück.

Die Liebe kommt nicht zur Erfüllung

Nun ist das Chaos in diesem Film, im Leben des Fahrers, und natürlich geht die Sache nicht gut aus. Die beim Pfandleiher erbeuteten Dollars liegen in seinem Kofferraum, die Mafia ist hinter ihm her, die Liebe kommt nicht zur Erfüllung.

Gosling hat mit seinem Gewaltausbruch nicht nur den Kopf des Gegners zerstört, sondern auch die Oberfläche dieses Films, jene 80er-Jahre-Sehnsucht. mit der die Geschichte gepanzert war. Was man nun sieht, ist ein Versuch über die Einsamkeit, ein Mann irrt im gleißenden Sonnenlicht herum.

"Drive" ist ein faszinierender Film. Man weiß nie so recht, wie es mit der Geschichte weitergehen wird, was es genau ist, woran er rührt. In der Eröffnungsszene erlebt der Zuschauer eine von elektronischen Sounds unterlegte Verfolgungsjagd. Gosling lenkt seinen Wagen durch den Körper der Stadt. Er wartet unter Brücken, lauert in Seitenstraßen und gibt dann Vollgas.

Dieses Nebeneinander von Stillstand und Beschleunigung, von Rückzug und Aggression ist bezeichnend für den Stil des Films.

Am Ende ist der Zuschauer erledigt und erregt zugleich. So ist das nach guten Kino-Abenden.

Bewertung: 4 von 5 Sternen

(RP/csr/jre)
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