"Eine neue Freundin" im Kino François Ozon macht aus dem Witwer eine Traumfrau

Düsseldorf · Provokant und hochklassig: In seinem Film "Eine neue Freundin" erzählt François Ozon eine Liebesgeschichte zwischen einer Frau und einer Frau, die ein Mann ist. Ein Spiel mit Geschlechterrollen mit Koma und Tod, Verrat und Nekrophilie.

 Romain Duris in seiner bisher größten Rolle.

Romain Duris in seiner bisher größten Rolle.

Foto: dpa, kde

Selbst tot und aufgebahrt ist Laura noch die Schönere. Immer war sie ihrer Kindheitsfreundin Claire (Anaïs Demoustier) ein paar Schritte voraus, erst bei den Jungs, später bei den Männern. Aber Claire gab Laura das Versprechen, nach deren Mann David (Romain Duris) und dem Baby zu sehen, also besucht sie ihn eines Tages spontan. Sie überrascht ihn mit dem Kind im Arm, außerdem mit Damenperücke, Make Up und High Heels. In Claires Schock hinein beichtet David, dass er zu Hause Lauras Kleider trägt und sich schon lange als Frau fühlt. Claire ist fasziniert von seinen zwei Persönlichkeiten. So entsteht eine neue Frauenfreundschaft.

François Ozon ist nicht der erste Regisseur, der sich von der britischen Mystery-Autorin Ruth Rendell inspirieren ließ, Kollegen wie Claude Chabrol und Claude Miller sind ihm da voraus. Aber lose basierend auf der Rendell-Short-Story "The New Girlfriend" von 1985 gelingt Ozon etwas Besonderes: teils sensibles Frauendrama mit einem Mann im Zentrum, teils Noir-Thriller mit dezenter Suspense. Der Film berührt, fesselt und provoziert. Etwa so, als würden Hitchcock und Almodóvar gemeinsam Doris Day als Transvestiten in Szene setzen.

Ozon ("8 Frauen") taucht gern ab unter die polierte Oberfläche der französischen Bourgeoisie, dorthin, wo die Obsessionen und Triebe lauern. Nicht immer bringt er dabei seiner Hauptfigur so viel Liebe und Verständnis entgegen wie David. Der nennt sich bald Virginie und steckt so offensichtlich im falschen Körper, dass jeder neue Rock eine kleine Befreiung ist. Virginie und Claire gehen shoppen, toben sich in Perückenläden und Parfümerien aus, tanzen in Lesbenclubs zu den Songs von Amanda Lear.

Das klingt böse nach Klischees, aber die bleiben meist aus, da Ozon immer den alten David in Sichtweite hält. Spät schlägt das Selbstfindungs-Duett dann um in einen fiebrigen Erotikthriller. Dass alles trotzdem schlüssig endet, ist Romain Duris zu danken, der hier seine größte Rolle spielt - und eine echte Traumfrau abgibt.

(RP)
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