"Sky" Diane Kruger auf der Suche nach Freiheit

Düsseldorf · Im Roadmovie "Sky" ist die Schauspielerin als wilde Aussteigerin zu erleben.

 Endstation Sehnsucht: Diane Kruger mit Norman Reedus.

Endstation Sehnsucht: Diane Kruger mit Norman Reedus.

Foto: verleih

Die junge Frau hat die Autofenster bis zum Anschlag runtergekurbelt. Sie tritt aufs Gas und schreit vor Glück, die staubige Prärieluft schmeckt nach Freiheit. Die Frau heißt Romy, sie fährt zurück zu ihrem brutalen Ehemann, den sie bei einem Kampf im Urlaubshotel mit einer Lampe erschlagen zu haben glaubte. Tot ist er nicht, das hat Romy gerade von einem mitfühlenden Polizisten auf der Wache erfahren, wo sie sich stellen wollte. Jetzt kann sie ins Krankenhaus fahren und ihn verlassen. Es ist eine mitreißende Szene auf halber Strecke von "Sky - Der Himmel in mir". Eine starke, lebendige, die einen hoffen lässt, dass es so weitergeht. Das wird es nicht.

Die französische Regisseurin Fabienne Berthaud und Diane Kruger starteten ihre Karrieren gemeinsam, zwei gute Filme haben sie schon miteinander gedreht, "Frankie" und "Barfuß auf Nacktschnecken", im Interview nennen sie einander "Komplizinnen". Auch ihren dritten Film hat Berthaud wieder ganz auf Kruger zugeschnitten. Jede Szene, jede Nahaufnahme auf blauglitzernde Lidschatten, jeder Dialogsatz ist auf sie fixiert. So was kann klappen, wenn der Part zum Schauspieler passt. Doch irgendwie wirkt Kruger die ganze Zeit wie der Hollywoodstar Kruger, der sich auf irrigen Wegen in dieses Roadmovie und unter diesen Cowboyhut verlaufen hat. Sie spielt stark, stählern und zerbrechlich zugleich, aber so ganz kauft man ihr die wilde Aussteigerin nicht ab. Besonders, wenn Romy den Mund aufmacht. "Ich weiß nicht, wo ich hin will, aber ich weiß, ich komme dahin", ist einer dieser No-Nonsense-Sätze, die Romy von sich gibt, als sie ihr europäisches Mittelklasseleben abgebrochen hat und sich einfach treiben lässt, den ganzen Weg bis nach Las Vegas.

Sie freundet sich mit einem abgehalfterten Showgirl an, jobbt selbst halbnackt im Bunnykostüm. Dann trifft Romy auf dem Weg zur Casinotoilette auf Diego, den Norman Reedus aus "The Walking Dead" weit unter seinen Möglichkeiten als Abziehbild des mürrischen Texas-Rangers spielen muss. Sie landet mit ihm im Bett, danach sagt sie: "Ich bin nur auf der Durchreise" und "Ich hab die Schnauze so was von voll von Liebe, weißt du". Wieder nimmt man Kruger das nicht ab, zu Recht. Denn bei Diego ist schon wieder Endstation.

Was die kompromisslose Selbstbefreiung einer Frau hätte sein können, ein Filmfest weiblicher Unabhängigkeit, endet bei Berthaud und Kruger nur in einer amour fou, der absehbaren Zähmung eines Widerspenstigen, und der späten Erfüllung eines weiteren klischeehaften Wunsches, den Romy schon vor langer Zeit aufgab. Es fühlt sich enttäuschend an, sonderbar hohl. Man wünscht sich, sie würde ins Auto steigen, die Fenster runterkurbeln und weiterfahren.

Sky, Frankreich, BRD 2015 - Regie: Fabienne Berthaud, mit Diane Kruger, Norman Reedus, Gilles Lellouche, 103 Min.

(RP)
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