Die Zukunft der Welt ist weiblich

Die Superheldin "Wonder Woman" bekommt einen eigenen Kinoauftritt. Entstanden ist ein augenzwinkernder Film mit Charme.

Die "Marvel"-Studios haben die Chance auf eine weibliche Führungskraft im Superhelden-Universum verstreichen lassen. Scarlett Johansson wurde zwar als Black Widow ins "Avengers"-Team aufgenommen, aber im Gegensatz zu den männlichen Kollegen hat man ihr kein eigenes Franchise zugetraut. Großer Fehler. Denn vor zwei Monaten hat Johansson als Manga-Heldin in "Ghost in the Shell" bewiesen, dass sie sehr wohl in der Lage ist, eine Comic-Verfilmung im Blockbuster-Format allein zu schultern. Nun zieht Marvels größter Konkurrent auf dem Superheldenmarkt nach. Das Comic-Imperium "DC" zeigt mit "Wonder Woman" noch deutlicher, wie sehr dieses Genre nach weiblichem Input dürstet. Mit dem letzten Flop "Superman vs. Batman" hatte man im Hause "DC" die emotionale Beschränktheit grimmiger Maskulinität allzu mutig erforscht und dabei jede Menge dröhnende Langeweile produziert.

Immerhin wurde am Ende des Filmes Gal Gadot als "Wonder Woman" neu ins Sortiment aufgenommen, deren Geschichte nun in einem eigenen Prequel erzählt wird. Eigentlich heißt die Wunderfrau Diana und wächst als Tochter der Königin Hippolyta (Connie Nielsen) auf einer malerischen Insel heran, die von Zeus höchstpersönlich unter einer Glocke vom Rest der verwerflichen Welt abgeschirmt wird. Kein Mann weit und breit - da widmet sich das Amazonen-Volk dem Kampftraining, denn sie wissen, dass das matriarchale Paradies vor dem Kriegsgott Ares nicht ewig verborgen bleiben wird. Dann durchbricht ein deutscher Doppeldecker die Schutzmembran und geht über dem Meer nieder.

Diana rettet den Piloten. Der Gerettete Steve Trevor (Chris Pyne) stellt sich als amerikanischer Spion vor, und die deutschen Verfolger lassen nicht lange auf sich warten. Schließlich wütet dort draußen gerade der Erste Weltkrieg, und Diana zeigt sich entschlossen, ihrer Bestimmung nachzugehen, die Menschheit vor den Machenschaften des Kriegsgott Ares zu retten. An der Seite von Trevor reist sie zunächst nach London und später an die belgische Westfront und ist davon überzeugt, dass sie nur Ares töten muss, um dem weltweiten Schlachtgemetzel ein Ende zu bereiten.

Die Mischung aus Naivität, Courage und Kampfkraft, mit der Diana zu Werke geht, ist eine willkommene Abwechslung im Superhelden-Universum und bestimmt den besonderen Charme des Filmes, der eine pazifistische Idealistin mit dem Weltkriegshorror konfrontiert. Wenn Diana in schnittiger Amazonen-Montur über die Schützengräben springt und die MG-Salven an ihrem Schild abprallen, dann ist das auch ein mythisches Wunschbild weiblicher Überlegenheit gegenüber männlichen Destruktionskräften, die die Weltgeschichte im letzten Jahrhundert maßgeblich bestimmt haben.

Regisseurin Patty Jenkins ("Monster") geht ihren Superheldinnen-Film mit einer guten Portion feministischer Subversionskraft an, spielt ebenso souverän wie augenzwinkernd mit den Geschlechterklischees und bringt dann wieder in bester alter Hollywood-Tradition ihre Heldin ganz unironisch zum Leuchten.

Gal Gadot macht ihre Sache als tatkräftige Diana gut. Die israelische Schauspielerin zeigt hier echte Star-Qualitäten, und man darf sehr gespannt sein, welche Richtung Gadots Karriere nach diesem überzeugenden Superheldinnen-Auftritt in Zukunft nehmen wird.

Wonder Woman, USA 2017 - Regie: Patty Jenkins, mit Gal Gadot, Chris Pine, Robin Wright, 140 Min.

(RP)
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