Vampir-Saga "Breaking Dawn - Bis(s) zum Ende der Nacht" Dieser Film ist großer Quatsch

Düsseldorf · Die Vampir-Reihe "Twilight" neigt sich dem Ende entgegen: Der erste Teil des Finales kommt am Donnerstag ins Kino. Wer auf die Erfüllung einer romantischen Liebesgeschichte hofft, wird enttäuscht. "Breaking Dawn – Biss zum Ende der Nacht" ist ein verstörender, blutiger Film.

Verzeihung, aber dieser Film ist ganz großer Quatsch. Am Ende wird ein Vampir mit blutverschmiertem Mund am Bett einer Frau stehen, die er soeben von seinem Baby entbunden hat. Die Frau wäre fast umgekommen bei der Geburt, aber der Vampir rettete sie in letzter Sekunde, indem er sie biss. Nun ist sie also auch ein Vampir, schön, stark und untot. Darüber freuen sich alle.

Ethisch fragwürdige Szenen

Dass Regisseur Bill Condon es schwer haben würde, den letzten Teil der enorm erfolgreichen Vampir-Saga von Stephenie Meyer zu verfilmen, stand bereits vor Beginn der Dreharbeiten fest. Die Geschichte nimmt allzu phantastische Wendungen, sie ist unablösbar verankert im Wertesystem der nach den Gesetzen des Mormonentums lebenden Autorin. Dass Hollywood sich aber überhaupt keine Freiheit bei der Adaption mehr nimmt, dass das Filmteam geradezu buchstabengetreu arbeitet, hätte man nicht für möglich gehalten. Also entstehen ethisch fragwürdige Szenen wie diese: Vampir Edward (Robert Pattinson) gesteht dem Menschenkind Bella (Kristen Stewart) vor der Hochzeit, dass er nicht immer so kultiviert war. Einst saugte auch er Menschen aus. Bella erschrickt. Allerdings, fügt Edward hinzu, waren unter seinen Opfern nur Verbrecher und Mörder. Erleichterung.

Die ersten zwei Teile der Kinoreihe überzeugten durch Atmosphäre und Bildsprache. Die von Film zu Film wechselnden Regisseure fanden Bilder für die Nöte von Teenagern, sie machten die allgemeine Gültigkeit der symbolhaften Romanze zwischen Mensch und Vampir nachvollziehbar. Das war neu, zeitgemäß. Und vor allem stärkten sie die weibliche Hauptfigur, der in den Romanen wenig Selbstbewusstsein vergönnt ist.

Voodoo und ein Vampir-Baby

In "Breaking Dawn – Biss zum Ende der Nacht", der aus vermarktungstrategischen Gründen in zwei Lieferungen ins Kino kommt, ist Bella nur mehr Objekt. Zu Beginn des Films nimmt der Zuschauer teil an ihrer Hochzeit mit Edward. Das wirkt liebevoll ausgestattet, die Trauung wird am Waldrand vor dem Haus der domestizierten Vampirfamilie Cullen vollzogen. Das Paar bricht unmittelbar nach der Feier auf in die Flitterwochen, eine einsame Insel vor Rio de Janeiro ist das Ziel.

Dort passiert endlich, was nach dem Gebot dieser Serie erst jetzt erlaubt ist, und weil Vampire in diesen Dingen sehr passionierte Wesen sind, geht das Schlafzimmer bald kaputt. Der Ferienhaus-Verwalter wundert sich am nächsten Morgen über die Verwüstung. Seine Voodoo-erfahrene Ehefrau hingegen merkt, dass etwas nicht stimmt. Sie legt die Hand auf Bellas Bauch und schreit "Tod!" – ein Vampir-Baby wächst darin.

Das Folgende zu referieren, fällt nicht leicht, weil der Bote die Botschaft nicht mag. Jedenfalls: Das Ungeborene lebt auf Kosten der Mutter, es wuchert in ihr und wütet. Bella muss von den Cullens durch Menschenblut ernährt werden. Nebenbei kämpfen die Werwölfe gegen die Vampire, und die dritte Hauptfigur, Werwolf Jacob (Taylor Lautner), verlässt ihr Rudel und schließt sich den ehemaligen Feinden an. Irgendwann kommt das Kind zur Welt, und wie diese Geburt inszeniert wird, dürfte vielen Zuschauern Übelkeit bereiten.

Es hat etwas von "Pulp Fiction", "Rosemary's Baby", Disneys "Schneewittchen" und "Alien", aber ohne die Güte, die Zwangsläufigkeit und den Gehalt der genannten Klassiker. Ein Blutbad ohne Sinn und Würde, bei dem man sich fragt, nach welchen Richtlinien sie bei der Freiwilligen Selbstkontrolle die Freigabe ab zwölf Jahren bewilligt haben. Wie auch immer die Erklärung lautet, sie ist nicht nachzuvollziehen.

Lust und Trieb werden dämonisiert

Das Teenager-Drama hat im amerikanischen Kino eine lange Tradition, die bis zu "Denn sie wissen nicht, was sie tun"(1955) mit James Dean zurückreicht. Seinen Höhepunkt erlebte das Genre in den 80er Jahren, als John Hughes Filme wie "Breakfast Club", "Pretty In Pink" und "She's Having A Baby" drehte beziehungsweise deren Drehbücher schrieb. Das waren Produktionen, deren Macher den Alltag ihrer Zielgruppe im Blick hatten. Man spürte darin Wahrhaftigkeit und Wärme, sie waren unterhaltsame Verteidigungen von Individualität und Anderssein, und nach dem Abspann der meisten von ihnen verließ man das Kino und fühlte sich gut, groß und bereit: Alles ist noch möglich, dachte man, jetzt mal los.

Wer heute "Breaking Dawn" sieht, wird mit Magendrücken aus dem Saal kommen. Der Kern dieser Geschichte flößt Furcht ein, Lust und Trieb werden dämonisiert und nur unter absurdesten Einschränkungen freigegeben. Liebe ist ein Ausnahmezustand, das Entweder-Oder trennt die Figuren vom Glück. Die körnige Ästhetik der vorangegangen Filme hat sich zugunsten einer pseudo-mystischen Hochglanz-Optik verflüchtigt. Das Ferien-Resort, in dem Bella und Edward die Tage nach der Hochzeit verbringen, entspricht jenen Abbildungen in den bunten Blättern, die weltweit als Synome gelten fürs Angekommensein: Wer dort Urlaub macht, hat es geschafft. Nicht Individualität zählt, "Twilight" ist reine Konfektionierung.

So kommt denn der Film ohne Koketterie aus, ohne Charme und das Funkeln selbstironischer Reflexion. Das vorläufige Ende, die Vampirwerdung Bellas, wird mit einem Ernst geschildert, der bei genauer Betrachtung schaudern lässt. Die junge Frau gibt alles auf, Familie und Freunde, Vorlieben und überhaupt das Leben für Edward. Die Umstände, unter denen sich der Übertritt vollzieht, sind dabei Nebensache: Was am Ende bleibt, sind Entäußerung, Selbstaufgabe, Zerstreuung der Persönlichkeit.

So oder so: Das Bild des Vampirs mit dem blutverschmierten Mund hat nichts von seinem Grusel verloren.

(RP/top/pst)
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