Schauspieler Eric Braeden Der unbekannte deutsche Hollywood-Star

Los Angeles · Als junger Mann ging Eric Braeden in die USA und hat dort als Schauspieler Karriere gemacht. Sogar ein Stern auf dem "Walk of Fame" trägt seinen Namen. Inoffiziell ist der heute 72-Jährige der deutsche Botschafter an der Westküste.

Schauspieler Eric Braeden im Erfolgsfilm „Titanic“ (1997) von Regisseur James Cameron.

Schauspieler Eric Braeden im Erfolgsfilm „Titanic“ (1997) von Regisseur James Cameron.

Foto: dpa

Die Sache mit den Nazis verfolgt ihn. Eric Braeden sitzt in einem Café in Santa Monica, Kalifornien, und regt sich über seine Wahlheimat auf. "Wir werden hier auch 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges noch auf Nazi-Rollen reduziert", sagt der Schauspieler, der früher Hans Gudegast hieß und im schleswig-holsteinischen Bredenbek geboren wurde. Braeden wischt sich verärgert durch das gegelte Haar. "Wann hört das endlich auf?"

Es ist das ewige Dilemma der "Germans" in Hollywood. Wenn eine Nazi-Rolle besetzt werden muss, durchwühlen die Agenten ihre Adressbücher nach deutschen Schauspielern. Eric Braeden, der als 17-Jähriger dem Lockruf seiner texanischen Cousine in die USA folgte, kennt das. Seine erste Rolle 1969 war ein deutscher Offizier in der Kriegs-Serie "Rat Patrol".

Braeden, der auf Ansinnen seiner Berater einen neuen Namen annahm, spielte eine Figur, angelehnt an Hitlers legendären Afrika-General Rommel. Gewünscht war der Stereotyp: zackig, kompromisslos, eiskalt. Braeden äfft den Stakkato-Befehlston eines deutschen Soldaten nach. Doch der junge Mann aus dem kleinen Dorf in Norddeutschland muckte auf, rang dem Regisseur mehr "Würde und Menschlichkeit" für die Figur ab, erzählt Braeden. Einige Jahre später traf er Curd Jürgens, dessen Sohn er in einem New Yorker Broadway-Stück spielen durfte. Jürgens riet ihm, zurück nach Deutschland zu gehen. In den USA würde er nur seelenlose Nazis spielen dürfen. Braeden gab sich damit nicht zufrieden. "Ich wollte ihm und mir beweisen, dass wir Deutsche auch menschliche Charaktere spielen können."

Heute, 40 Jahre danach, braucht er es niemandem mehr zu beweisen. Der 72-jährige Familienvater gehört zu den beliebtesten Schauspielern des Landes. Als Hauptdarsteller in der US-Soap "Schatten der Leidenschaft" hat Braeden, der den Tycoon und Frauenheld Victor Newman spielt, Kultstatus erlangt. Seit 25 Jahren gehört die Serie zu den populärsten im US-Fernsehen. Eine Mischung aus "Tatort" und "Traumschiff". Eric Braeden gibt dabei den Til Schweiger und den Sascha Hehn. Regelmäßig ist der Emmy-Preisträger auf dem Titel der Glamour-Zeitschriften zu sehen, die in den Supermärkten an der Kasse ausliegen. 65 000 "Fans" folgen Braedens Kurznachrichten bei Twitter. In dem Café in Santa Monica wird der muskulöse, frühere deutsche Leichtathletik-Jugendmeister zumeist von weiblichen Gästen erkannt.

Was kaum einer weiß: Eric Braeden ist neben Marlene Dietrich der einzige deutsche Schauspieler mit einem Stern auf dem berühmten "Walk of Fame". In Deutschland kennt ihn trotzdem keiner. Mal abgesehen vom 1300-Einwohner-Ort Bredenbek. Dort ist Braeden Ehrenbürger.

Der Hüne aus Hollywood ist aber mehr als ein Soap-Star. Er ist der inoffizielle deutsche Botschafter an der Westküste. Vortragsreisender, Vermittler und Initiator transatlantischer Gesprächsrunden. Weil er als Teenager Deutschland verließ — sein Vater, ein überzeugtes NSDAP-Mitglied, war da schon fünf Jahre tot — lernte Braeden die düstere deutsche Vergangenheit aus US-Perspektive kennen. In den 60ern lief der Dokumentarfilm "Mein Kampf" in den US-Kinos. "Ich traute meinen Augen nicht", erinnert sich Braeden. Fortan saugte er die Informationen auf. Sebastian Haffner, Joachim Fest, das volle Programm. Braeden diskutierte mit seinen drei Brüdern, die noch heute in Deutschland leben. Als sein Sohn in der High School als "Nazi" beschimpft wurde, begann Vater Braeden, die Deutschen zu verteidigen, zu erklären, dass es noch eine andere Zeit als das Nazi-Grauen gab.

Bundesverdienstkreuz im Jahr 1992

1989 gründete er die deutsch-amerikanische Kulturgesellschaft, wofür Eric Braeden 1992 das Bundesverdienstkreuz bekam. Er engagiert sich in Organisationen für die Aussöhnung Deutschlands mit Israel und bringt mit seinem Freund Michael Meyer, einem deutsch-jüdischen Historiker in den USA, in der "Villa Aurora" Deutsche und Amerikaner zusammen, um über Identität und Heimat zu sprechen. Die Geschichte prominenter Exilanten wie Thomas Mann und Lion Feuchtwanger referiert Braeden in akzentfreiem Deutsch. Als die Kanzlerin 2010 bei ihrer USA-Reise im Getty-Museum in L.A. Station machte, saß Braeden an ihrem Tisch.

Der Mauerfall und die fröhliche Fußball-WM 2006 habe das Deutschland-Bild verbessert, sagt Braeden. Merkel aber auch. "Sie ist sehr beliebt hier."

(spol)
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