Wenn ein Vater zuerst die eigene Haut rettet

Als größte Gefahr seine Familie bedroht, ergreift der Vater panisch die Flucht und verliert damit seine Selbstachtung. Der Film "Höhere Gewalt" ist ein beklemmendes Drama um die Macht der Natur und den Kampf der Geschlechter.

"Höhere Gewalt" im Kino: Beinahe Naturkatastrophe zerstört Familie
Foto: dpa, ImY bsc

Schneeraupen präparieren nachts unermüdlich die Berge in den französischen Alpen, junge wohlsituierte Familien aus schicken, aber anonymen Appartementhäusern fahren auf Liften durch Tunnel zu den Pisten. Diese Bilder zeigen, wie der Mensch versucht, die Natur zu bezwingen. Wenn diese Natur aber ihre Wucht ausspielt und beim Menschen Ur-Instinkte wie Flucht und Panik auslöst, wird klar, wer der Stärkere ist. Ruben Östlund spielt in seinem Film "Höhere Gewalt" mit diesem ungleichen Machtkampf und demontiert zugleich den Mythos des starken Geschlechts.

Ebba (Lisa Loven Kongsli) und Tomas (Johannes Bah Kuhnke) wollen ein paar Tage mit ihren beiden Kindern beim Skifahren ausspannen. Als die Eltern mit ihren Kindern auf einer Panoramaterrasse zu Mittag essen und eine Lawine nur knapp an ihnen vorbei ins Tal donnert, nimmt das Unheil seinen Lauf. Denn während sich Ebba schützend über die Kinder wirft, ergreift Tomas panisch die Flucht. Die Naturkatastrophe bleibt zwar aus, die Familie bleibt unversehrt, doch das Vertrauen zwischen Ebba und Tomas ist zerstört. Und der verunsicherte Vater streitet jegliches Versagen ab. Der schwedische Regisseur und Drehbuchautor Östlund inszeniert starke Bilder. Er nimmt die Alpen als überwältigende Kulisse, nutzt Farben und Einstellungen, die ins Surreale reichen und das suggerieren: Der Mensch bewegt sich in der Natur wie ein Fremdkörper, trotz moderner Architektur und Technik, mit der er sie sich zu eigen machen will. Ohne Erfolg. Es ist die Natur, die den Menschen dominiert.

(RP)
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