"Avengers: Infinity War" Jetzt noch nöcher

In "Avengers: Infinity War" schlagen 20 Helden aus dem Marvel-Universum die endgültige Schlacht.

 Benedict Cumberbatch, Robert Downey Jr., Mark Ruffalo und Benedict Wong (v.l.) in einer Filmszene von "Avengers: Infinity War".

Benedict Cumberbatch, Robert Downey Jr., Mark Ruffalo und Benedict Wong (v.l.) in einer Filmszene von "Avengers: Infinity War".

Foto: ap

"Weniger ist mehr" ist eine Behauptung, die in den letzten Jahren von den Marvel-Studios mit den "Avengers"-Filmen konsequent widerlegt wurde. "Nur mehr ist mehr" lautet heute die Devise in Hollywood. Mehr Budget, mehr Superhelden, mehr Schlachtengetöse, mehr Effekte bedeuten im durchfusionierten Filmgeschäft mehr Profit für immer weniger Konzerne. Mit bisher 18 Filmen - von "Iron Man" (2008) bis zum aktuellen Kassenhit "Black Panther" - hat "Marvel" sich in einem Geflecht aus Franchises, Sequels, Spin-Offs und Mash-Ups eine breite, treue Fanbasis herangezogen und damit Einspielergebnisse von über 14 Milliarden Dollar generiert.

Ganz vorne in der Erfolgsbuchhaltung lagen dabei die "Avengers"-Filme, die zunächst im simplen Additionsverfahren die firmeneigenen Superhelden miteinander antreten ließen und erst in der letzten Folge "Captain America: Civil War" zu einer gewissen interaktiven Vertiefung vorgedrungen sind. Nun holt Marvel mit "Avengers: Infinity War" zum ganz großen Finale aus: Über 20 Charaktere aus dem selbsternannten "Marvel Cinematic Universe" (MCU) versammeln sich während der zweieinhalb Kinostunden auf der Leinwand.

Schaut man sich all die Superheroen an, die aufs Filmplakat gequetscht wurden, stellt sich vor dem Kinobesuch das Gefühl der Übersättigung ein. Die Gefahr haben offensichtlich auch die Regie-Gebrüder Anthony und Joe Russo erkannt. Schon bald splitten sie das Heldenkollektiv in Kleingruppen auf und stellen ihm einen veritablen Bösewicht entgegen. Thanos nennt sich der riesenhafte Kerl unter dessen digitaler Hülle Josh Brolin agiert.

Man hat sich ja schon oft gefragt, warum Schurken in solchen Filmen immer die ganze Welt vernichten wollen und welche Perspektiven dieses Bestreben für deren zukünftige Lebens- und Wohnqualität eröffnet. Thanos hat da eine deutlich nachhaltigere Agenda. Nachdem er mit ansehen musste, wie sein Heimatplanet durch die Folgen der Überbevölkerung zugrunde gerichtet wurde, fühlt er sich zum Retter des Universums berufen. Einen Planeten nach dem anderen sucht er mit seiner Armee auf, um die Hälfte der Bevölkerung zu liquidieren, so dass der Rest in gewohnter Weise weiterleben kann.

Damit der selbsternannte Erlöser seinen genozidären Plan auf das ganze Universum ausweiten kann und die Drehbuchschreiber nicht länger über ein Handlungsgerüst nachdenken müssen, braucht er sechs magische Steine, deren vereinte Wirkung ihm unermessliche Kräfte verleihen. Zwei davon sind im Besitz der Avengers. Der Rest ist kreuz und quer übers Universum verteilt. Und so muss sich das seit "Civil War" zerstrittene Avengers-Kollektiv zusammenraufen und an verschiedenen Fronten gegen die Macht des Bösen kämpfen. Dabei entwickeln die Teambildungsprozesse hohen Unterhaltungswert: Der High-Tech-Wissenschaftler Iron Man (Robert Downey Jr.) muss sich mit dem Magier Dr. Strange (Benedict Cumberbatch) und Superhelden-Azubi Spider-Man (Tom Holland) zusammentun. Der durch Verlust von Familie und Heimatplanet gebeutelte Thor (Chris Hemsworth) gerät an die Spaßvogel-Besatzung von "Guardians of the Galaxy", während der mit Transformationsproblemen kämpfende Hulk (Mark Ruffalo) und Scarlet Witch (Elizabeth Olsen) den Zauberstein des Androiden Vision (Paul Bettany) zu beschützen versuchen.

Leider erst im Finale findet der Film nach Wakanda, wo Black Panther (Chadwick Boseman) und seine stolzen Kriegerinnen sich mit der gesamten Avengers-Belegschaft gegen den übermächtigen Feind stellen. Die ausufernde Planeten-Hoppelei mit rituellen Kampfgemetzeln und jeder Menge Insider-Witzen würde wahrscheinlich ziemlich schnell Ermüdungserscheinungen freisetzen, wäre da nicht ein Bösewicht, der als schillernder Charakter die hektische Multitasking-Dramaturgie zusammenhält.

Brolin gibt der Figur des Thanos durch das hypermaskuline Pixelkostüm hindurch neben Omnipotenz auch eine Grundmelancholie. Punktuell scheint sich der selbsternannte Erlöser des Universums der eigenen Wahnvorstellungen sogar bewusst zu sein. Im shakespeare'schen Konflikt mit seiner Stieftochter Gamora (Zoe Saldana), die fest zum Vatermord entschlossen ist, beginnt er sogar in seinen diktatorischen Festen zu schwanken. Wirklichen Mut zum Unerwarteten beweisen die Macher jedoch in der Schlussauflösung, die das Sterben nicht nur den Statisten überlässt und in ihrer Radikalität wohl als einer der größten Cliffhanger in die Geschichte eingehen wird.

Den zweiten Teil des Finales, der bereits gedreht ist und 2019 in die Kinos kommt, dürften nicht nur eingefleischte Fans mit Spannung erwarten.

(RP)
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