Comeback der Kelly Family Ja, auch ich war Kelly-Fan

Düsseldorf · Die Kelly Family hat ihr Comeback angekündigt. Und die Fans der 90er werden auch jetzt wieder Schlange stehen. Was die Faszination an den Kellys ausmachte? Unsere Autorin kann es erklären – aus eigener Erfahrung.

 Ein Teil der Kelly Familiy im Jahr 2011 bei der "Stille Nacht" Tour in Hamburg. (Archivbild)

Ein Teil der Kelly Familiy im Jahr 2011 bei der "Stille Nacht" Tour in Hamburg. (Archivbild)

Foto: dpa, Markus Scholz

Die Kelly Family hat ihr Comeback angekündigt. Und die Fans der 90er werden auch jetzt wieder Schlange stehen. Was die Faszination an den Kellys ausmachte? Unsere Autorin kann es erklären — aus eigener Erfahrung.

Nein, "Kelly Family" ist keine passende Antwort auf die Frage nach der Lieblingsband. Tagträumen zu Balladen der Kellys hat nichts mit "living on the edge" zu tun. Und der Gitarrensound der Kellys ist mit dem von "Kadavar" oder "The Sword" nicht zu vergleichen. Wenn man einen großen Bruder hat, dann weiß man das. Denn das sind Metal-Bands. Und mit Metal hat die Kelly Family nun wirklich nichts zu tun.

Was die Kelly Family genau ist, bleibt schwierig zu fassen. Und genau das macht sie so speziell. Die Kelly Family ist zunächst mal die nächste Evolutionsstufe der singenden Trapp-Familie, das aber kombiniert mit etwas Woodstock und noch etwas mehr Kreationismus.

Die Kombination ist so eigenartig, dass sie fast schon wieder genial ist. Eine Mischung aus Heimattümelei und Aufbruch, Herzschmerz und Roadtrip, Weltfremdheit und Weltgewandtheit. Die Kelly Family hängt irgendwo dazwischen.

Etwas Vergleichbares gab es danach nicht mehr. Und es ist auch nicht vorstellbar, dass so etwas noch einmal kommt. Das wäre wirklich anachronistisch.

Die Kelly Family zählte in den 90er Jahren zu einer der populärsten und auch irgendwie schrägsten Musikgruppen. Eine Großfamilie mit zwölf Kindern, die zusammen Musik machen und dazu alle lange Haare haben. Letzteres war ein entscheidendes Merkmal. Denn um lange Haare haben zu dürfen, musste man als Nicht-Kelly-Kind für gewöhnlich Überzeugungsarbeit leisten. Lange Haare waren in den 90er Jahren ja eher aus der Mode gekommen und aus Eltern-Sicht auch unpraktisch.

Eine Familie, die mit Tamburines in weißen Gewändern auf den Straßen Musik macht, und wahlweise in einem Bus oder auf einem Hausboot lebte, erschien in den 80er Jahren schon aus der Zeit gefallen. Zu den Konzerten der Kellys pilgerten die Anhänger trotzdem massenhaft.

Und auch ich war Fan. So, wie man als Teenie der 90er eben Fan war. Mit Bravo-Postern von Paddy Kelly, einem Fanbuch und der ewigen Frage: Wer ist der persönliche Favorit? Die Auswahl war ja groß: Da gab es die Angelo-Kelly - und die Paddy-Kelly-, die Patricia-Kelly- und die Maite-Kelly-Fraktion. In meinem Fall hat der Blick auf die Wand die Frage beantwortet.

Die Karten für die erste Show in Dortmund waren bereits nach 18 Minuten ausverkauft. Auch die Tickets für die zwei Zusatzkonzerte waren innerhalb weniger Stunden weg. Ich habe mich nicht angestellt. Nicht nur, weil Paddy Kelly bei dem Revival der Band nicht dabei sein wird, sondern vor allem, weil meine Bereitschaft zum Fan-Dasein, über die Jahre dann doch deutlich abgenommen hat.

Und auch, weil 2017 schon klar ist: Die Gefühle der 90er Jahre können die Kellys mit ihrem neuen Album "We Got Love" nicht zurückholen.

Aber die Verkaufszahlen zeigen: Die Faszination Kellys funktioniert trotzdem noch. Und die, die damals mit den Kellys schon nichts anfangen konnten, fragen sich auch heute wieder, warum das so ist.

Es stimmt, die Texte der Kellys werden keinen Nobelpreis gewinnen. Aber die Lieder klingen nach und machen Spaß. Wer Kelly Family hört, bekommt das Gefühl, auf Reisen zu sein und es gleichzeitig gemütlich zu haben.

Die Kelly Family war eine Bande aus semi-wilden, langhaarigen Hippies vom Hausboot, die traditionelle Folk-Lieder wie "Who`ll come with me" genauso authentisch spielen können wie die Classic-Rock-Ballade "One more freaking Dollar".

Ihren größten Hit landeten die Kellys 1994 mit "An Angel". Die Kelly-typische Schnulze stammt aus der Feder von Paddy Kelly. Den Song komponierte er für die verstorbene Mutter Barbara Kelly, die schon Anfang der 80er Jahre starb.

Der schönste Kelly-Track aber — das wird jeder Fan der ersten Stunden bestätigen können — ist "I fell in Love with an Alien". Und den gut zu finden, dafür muss man sich zum Glück 2017 nicht mehr schämen.

Denn nach all den Jahren sind die Kellys vor allem eines: Retro. Und Retro findet die junge, kulturelle Elite ja bekanntlich gut. Die Kellys sind jetzt Kult. Mit ein bisschen Kitsch, überzogener Romantik, und ein jeder Menge Folklore. Und das funktioniert eben auch 2017 noch.

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