Kevin Costner Der Flop-Meister

Vor 24 Jahren gewann Kevin Costner zwei Oscars. Dann drehte er viele schlechte Filme und gilt heute als Kassengift. Dafür versucht er es mit Musik, Möbelhaus-Auftritten und Werbung für Tiefkühlthunfisch. Am 18. Januar wird er 60 Jahre alt.

Es war eine Frage, auf die Kevin Costner vermutlich gewartet hatte. Irgendwie lag sie auch auf der Hand. Ist es nicht bitter für einen zweifachen Oscarpreisträger, der mal zu den größten Filmstars der Welt zählte, in einem deutschen Möbelhaus aufzutreten? Der Amerikaner drückte den Rücken durch, kniff die Augen zusammen und polterte los. Die Frage allein sei eine Unverschämtheit. Er fühle sich nicht als etwas Besseres. Und überhaupt, es gehe ja darum, in Kontakt mit den Menschen zu kommen.

Das Interview mit dem RTL-Klatschmagazin "Exklusiv" war dann schnell zu Ende, und Costner wirkte noch ein bisschen trauriger als vorher. Sein Besuch in einer Sitzmöbel-Abteilung im Münchener Osten, bei dem er um Spenden für behinderte Menschen warb, ist nun schon fünf Jahre her, doch seitdem ist es nicht wirklich besser geworden. Zwar landete er entgegen aller Erwartungen 2012 mit der TV-Miniserie "Hatfields & McCoys" einen großen Erfolg in Amerika und erhielt 2013 sogar den Golden Globe als bester Schauspieler. Doch im vergangenen Jahr gingen gleich drei seiner Filme gnadenlos unter.

Sie hießen "Jack Ryan: Shadow Recruit", "3 Days to Kill" und "Draft Day", kamen innerhalb von nur vier Monaten in die Kinos und verschwanden um so schneller wieder. Sein letztes, von ihm selbst finanziertes Projekt namens "Black and White" ist zwar fertig, hat aber bis heute keinen Verleih gefunden. Wie gut tut es da, eine deutsche Zeitungsredaktion zu besuchen und zumindest dort noch mal richtig gefeiert zu werden. Die "Bild" bereitete Costner vor wenigen Tagen einen triumphalen Empfang. Einen neuen Film hatte er zwar nicht dabei, dafür warb er für ein Modelabel und einen Auftritt seiner Country-Rock-Band "Modern West", die er 2007 gegründet hat. Auf Costners Homepage ist die Stippvisite prominent platziert. Der Mann nimmt eben, was er kriegen kann.

Er galt als neuer Gary Cooper

Es gibt nur wenige Schauspieler, die tiefer gefallen sind als er. Im Jahr 1987 gelang ihm der Durchbruch mit Brian de Palmas "Die Unbestechlichen" an der Seite von Sean Connery und Robert De Niro. Drei Jahre später folgte sein Meisterstück. Das von ihm produzierte opulente Drama "Der mit dem Wolf tanzt", bei dem er außerdem als Regisseur und Hauptdarsteller auftrat, begeisterte nicht nur Millionen Menschen auf der ganzen Welt, sondern erhielt auch sieben Oscars bei zwölf Nominierungen, darunter für die beste Regie und den besten Film.

Costner hatte das Mammutprojekt mehr oder weniger allein gestemmt. Ein dreistündiges Epos, das den Umgang der Indianer durch die westlichen Siedler anprangert und zur Hälfte untertitelt ist, weil sich die Ureinwohner in ihrer Originalsprache unterhalten, klingt in den Ohren von Filmproduzenten nicht unbedingt wie das nächste große Ding. Doch Costner glaubte an seinen Film und schuf einen zeitlosen Klassiker über Heimat und Freundschaft.

Wer so viel Mut, so viel Durchhaltevermögen und so viel Gespür für den Geschmack des Massenpublikums beweist und auch noch alles selbst macht, ist in Hollywood ein gemachter Mann. Der aus dem kalifornischen Städtchen Lynwood stammende Costner wurde als neuer Gary Cooper gefeiert, als legitimer Nachfolger von Regie- und Schauspiel-Legende Clint Eastwood.

Mit "Waterworld" wurde alles anders

Seine Zukunft lag funkelnd vor ihm, und zunächst ging es erfolgreich weiter. Er drehte den renommierten Politthriller "JFK – Tatort Dallas", landete mit "Robin Hood – König der Diebe" einen weiteren Blockbuster und sicherte sich mit "Bodyguard" an der Seite von Whitney Houston einen Platz in einem der meistgesehenen, meist wiederholten Frauenfilme überhaupt, irgendwo kurz nach "Dirty Dancing". Auch das von Clint Eastwood inszenierte Western-Drama "Perfect World" wurde ein Erfolg, wenn auch kein bombastischer.

Dann aber kam "Waterworld", und alles wurde anders. Der Endzeit-Thriller sollte 1995 nach "Der mit dem Wolf tanzt" Costner zweites großes Werk als Produzent und Regisseur werden, doch es wurde eine einzige Katastrophe. Costner überwarf sich mit Co-Regisseur Kevin Reynolds, das Budget explodierte und lag schließlich bei für damalige Verhältnisse unfassbaren 175 Millionen Dollar. All das gelang an die Presse und sorgte schon vorab für reichlich Häme, an den Kinokassen wurde das überteuerte Werk, das sich Meilen unter dem Niveau von "Der mit dem Wolf tanzt" befindet, dann ein Misserfolg, der nur knapp seine Produktionskosten wieder einspielte.

Es gab schon bösere finanzielle Desaster in Hollywood, dennoch fällt neun von zehn Menschen dieser Film ein, wenn sie nach den größten Kinoflops der Geschichte gefragt werden. Plötzlich galt der einfühlsame Indianer-Geschichten-Erzähler als größenwahnsinniger Spinner, und sein Ruf war über Jahre verbrannt. Was er auch drehte, es ging daneben. 1997 wagte er es tatsächlich noch mal, als Regisseur und Produzent aufzutreten, doch auch "Postman" wurde von Kritik und Publikum gleichermaßen geschmäht.

"Jetzt brauche ich erst mal einen Salat"

Andere Filme wie "Im Zeichen der Libelle" (2002), "Wo die Liebe hinfällt" (2005), "Swing Vote" (2008) oder der bereits erwähnte Streifen "Draft Day" (2014) liefen unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung. Costner verfiel aber nie in Verzweiflung, sondern drehte unverdrossen weiter. Mit seiner zweiten Frau Christine Baumgartner, die er 2004 heiratete, bekam er drei Kinder, aus seiner ersten Ehe hat er ebenfalls drei, aus einer Affäre dazwischen stammt ein Sohn. Wie viele etwas abgehalfterte Hollywood-Stars, die ihre besten Zeiten hinter sich haben, versucht er sich leidlich erfolgreich als Sänger.

Vor fünf Jahren schließlich führte ihn sein bewegtes Leben in besagtes Möbelhaus, 2014 machte er allen Ernstes Werbung für Tiefkühlthunfisch. Im Spot sitzt er am Meer, als er von vermeintlichen Fans angesprochen wird. "Signor Kevin, lernen Sie Ihren Text?". "Sollte ich, aber jetzt brauche ich erst mal einen leckeren Salat. (…) Jetzt kommt meine Lieblingsszene: Thunfisch, Oliven, Gemüse. Hmmm!"

Um Kevin Costners finanzielle Verhältnisse muss man sich wohl dennoch keine Sorgen machen, er scheint ein glückliches Familienleben zu führen und wirkt mit nun 60 Jahren absolut fit. Dass ihm noch mal ein Kassenschlager gelingt, scheint extrem unwahrscheinlich. Vor "Der mit dem Wolf tanzt" hat allerdings auch niemand daran geglaubt.

An dieser Stelle schreibt Gesa Evers im Wechsel mit anderen Autoren über die Welt der Popkultur.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort