Obama in love

"My First Lady" erzählt amüsant von der ersten Begegnung des jungen Anwalts Barack Obama mit seiner künftigen Ehefrau Michelle.

 In dem Film geht es um die erste Begegnung des Ehepaares.

In dem Film geht es um die erste Begegnung des Ehepaares.

Foto: dpa, skm

"Das ist kein Date" behauptet Michelle Robinson (Tika Sumpter). Nur ein Treffen mit einem Kollegen. Michelle ist nicht nur die einzige Frau in der Rechtsanwaltskanzlei, sondern auch die einzige Afroamerikanerin. Ein Date mit dem Praktikanten, der in Harvard studiert und in der renommierten Anwaltsfirma sein Praktikum absolviert, kommt da nicht infrage. Dann kommt der Kerl auch noch zu spät und kutschiert sie in einem durchgerosteten, zugemüllten Nissan durch die Gegend. Michelle taxiert ihn mit hochgezogenen Augenbrauen und man erkennt, dass der Anblick dieses 28-Jährigen keineswegs vielversprechend auf sie wirkt.

Natürlich irrt sie sich gründlich, denn die Rede ist hier von Barack Obama, der 20 Jahre später mit ihr an seiner Seite als 44. US-Präsident den Eid auf die amerikanische Verfassung schwören wird. In seinem Regiedebüt "My First Lady" geht Richard Tanne zurück in den Sommer 1989, in dem Barack Obama und Michelle Robinson sich kennenlernten, und hält den narrativen Fokus allein auf den ersten Abend, den die beiden miteinander verbringen. Der junge Barack (Parker Sawyers) hat Michelle zu einem Gemeindetreffen nach "Altgeld Gardens" eingeladen - ein afroamerikanisches Ghetto-Viertel im Süden Chicagos, in dem er einige Jahre als politischer Aktivist tätig war.

Aber der Termin ist erst in paar Stunden, die er allein mit der Arbeitskollegin verbringen will. Michelle ist ganz und gar nicht amüsiert von dieser Strategie und es bleibt nicht das letzte Mal, dass sie den jungen, schlaksigen Mann, der keinen Hehl aus seinem Interesse an ihr macht, zurechtstutzen wird. Dennoch lässt sie sich auf den Besuch einer Ausstellung und ein Sandwich-Picknick im Park ein. Ein Hauch von "Before Sunrise" weht durch diesen Film, während die beiden durch das sommerliche Chicago schlendern und sich gegenseitig aus ihrem Leben erzählen. In den Familiengeschichten spiegeln sich die Härten des afroamerikanischen Alltags in einem Land, in dem die unbegrenzten Möglichkeiten für Schwarze deutlich limitiert sind. Michelle hat sich als Anwältin in der Großkanzlei hochgearbeitet, aber wirklich glücklich macht sie der berufliche Erfolg in einer von Weißen dominierten Branche nicht. Als Barack beim Gemeindetreffen die Anwohner motiviert, trotz Absage seitens der Stadtverwaltung weiter für ihr Zentrum zu kämpfen, ist auch die Anwaltskollegin beeindruckt. In der Tat ist diese Szene ein Kabinett-Stück. Im politischen Miniaturformat zeigt sie, was Obamas Charisma und intellektuelle Stärke ausmacht, mit der er hier einen Raum voller Wut und Frustration in einen Saal der Hoffnung verwandelt.

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Foto: 20th Century Fox

Bis zum ersten Kuss am Ende des Filmes ist es zwar noch ein weiter Weg, aber das Katz- und Mausspiel ist höchst unterhaltsam. Denn hier begegnen sich zwei junge, aber dennoch lebenserfahrene Menschen auf Augenhöhe, und man spürt, aus welchem Material diese beiden politischen, nach gesellschaftlicher Veränderung strebenden Persönlichkeiten geschnitzt sind.

Gleichzeitig ist diese intelligente Kinoromanze der Beginn der Trauerarbeit um einen Präsidenten, der viel verändern wollte, noch mehr Kompromisse machen musste und nun mit einem aussichtsreichen Kandidaten Donald Trump im Nacken fast schon wie ein Dinosaurier der politischen Integrität wirkt. Ob über die Kennenlernphase zwischen Trump und Melania Knauss jemals ein Film gemacht werden wird, darf entschieden bezweifelt werden - da möchte man nun wirklich nicht dabei sein.

My First Lady, USA 2016, Regie: Richard Tanne, mit Tika Sumpter, Parker Sawyers, 84 Min.

(RP)
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