"Amerikanisches Idyll" Ewan McGregor verfilmt Philip Roth

"Amerikanisches Idyll" ist die erste Regie-Arbeit des Schauspielers.

"Amerikanisches Idyll": Ewan McGregor verfilmt Philip Roth
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Manchmal kann gerade Perfektion alles kaputt machen. Es sind die amerikanischen Nachkriegsjahre mit ihrem Optimismus und ihrer Unschuld, und niemand in der Gegend ist perfekter als "der Schwede" Seymour Levov (Ewan McGregor). Der legendäre Highschool-Athlet hat eine ehemalige Miss New Jersey (Jennifer Connelly) geheiratet und die florierende Handschuhfabrik seines Vaters übernommen, das rassengemischte Personal führt er mit fairer und freundlicher Hand. Seine schöne Frau und die kleine Tochter Merry setzt Seymour wie Zierblumen auf eine idyllische Pferdefarm in Minnesota, und wenn die beiden ihm abends nach der Arbeit im Abendrot über die Wiese entgegenkommen, ist er zufrieden.

Aber Merry (Dakota Fanning) fügt sich nicht ein, sie stottert und will im Auto von ihrem irritierten Vater geküsst werden wie eine Geliebte. Als in den 60ern der Vietnamkrieg das Land schüttelt, entgleitet Merry ihren Eltern ganz. Sie radikalisiert sich, schließt sich Terroristen an, eines Morgens explodiert eine Tankstelle, der Mann darin stirbt. Merry, die Hauptverdächtige, verschwindet spurlos. Seymours heile Welt bricht ein wie ein Spielkartenhaus. Seine Ehe scheitert, weil er nicht loslassen kann und jahrelang verzweifelt nach Merry forscht, auf der Suche nach einer Wahrheit, die sein Märchen wiederherstellt.

Ewan McGregor wartete lange auf eine Gelegenheit für ein gutes Regiedebüt, Philip Roths 1998 mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneter Gesellschaftsroman schien sie dann zu sein. Es geht um Großes, im Buch wie im Film: das liebevolle, aber unausweichliche Scheitern von Eltern, die falschen Erwartungen an ihre Kinder. Um den Willen zum Glück und die irrige Vorstellung, genug Kontrolle bringe es schon mit sich.

Ironischerweise unterliegt McGregor als Regisseur denselben Fehlschlüssen wie sein Held Seymour: Er will es zu gut machen, zu perfekt. Die Bilder des deutschen Kameramanns Martin Ruhe tauchen die erste Hälfte des Films in weiche Umrisse und warme Farben, die Szenen atmen Ordnung und Hoffnung, aber auch Seymours beharrliche Selbsttäuschung. Nach Merrys Explosion werden die Konturen schärfer und die Farben härter, je mehr Seymours Leben sich ins Tragische dreht. McGregor lässt sich und seine sorgsam kostümierten, mimisch unterforderten Co-Stars makellose Dialoge sprechen, die oft so fehlerlos klingen wie das Referat eines Vorzeigeschülers. Dabei würde man sich so gern bewegen lassen von der Tragödie des Schweden, der als Vater durch die Hölle geht. Ohne je zu begreifen, wie ihm das passieren konnte.

"Ein amerikanisches Idyll", USA 2016 - Regie: Ewan McGregor, mit Jennifer Connelly, Dakota Fanning, 102 Min.

(RP)
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