Fantasy-Spektakel "Sucker Punch" Aufgebrezelt im Krieg mit der Realität

Frankfurt/Main · Babydoll wird nach dem Tod ihrer Mutter von ihrem eklig-feisten Stiefvater in eine düstere Irrenanstalt gesteckt. Dort soll das Mädchen mittels einer Lobotomie kaltgestellt werden. Um ihre Ängste zu meistern und einen Fluchtweg zu finden, steigert sie sich in wilde Fantasien. Regisseur Zack Snyder, bekannt für seinen opulent-abgründigen Stil, hat wieder zugeschlagen: "Sucker Punch" (übersetzt etwa "überraschender Faustschlag") ist ein entfesselter Humbug, in dem Snyder die Puppen tanzen lässt.

"Sucker Punch": Im Wirbel der Bildfetzen
13 Bilder

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Ähnlich wie der Traum-Thriller "Inception" spielt das am 31. März anlaufende Spektakel auf drei korrespondierenden Bewusstseinsebenen. Babydoll imaginiert sich aus der heruntergekommenen Anstalt in ein plüschiges Bordell, dessen Chef der korrupte Direktor der Nervenklinik, Dr. Blue, ist.

Neuankömmling Babydoll muss mit vier Leidensgenossinnen Tänze für die Kunden aufführen. In diesen Tänzen flüchtet sich das Mädchen, das in wenigen Tagen einem anonymen Großkunden zum Fraß vorgeworfen werden soll, in epische Befreiungs-Fantasmen.

Gleich vorweg: Der Sinn dieser aufgesexten Bilderorgie ist nur mit Anstrengung, wenn überhaupt, zu kapieren. Und wenn laut Altmeister François Truffaut Kino bedeutet, "schöne Dinge mit schönen Frauen zu machen", dann hat sich Snyder erst recht verhoben. Der Filmemacher, der mit der wahnwitzigen Comic-Fantasy-Abenteuer "300" Furore machte, agiert diesmal zwar wie Truffaut als "Autorenfilmer", der Regie führte, das Drehbuch schrieb, und diesen grimmigen Trip auch selbst produzierte. So durfte er, scheinbar ungehindert von kreativen und kommerziellen Einwänden, 82 Millionen für seine gewalttätigen Albträume verpulvern.

Sexy Mädels mit Riesenknarren

Wenn Babydoll mit ihren Freundinnen den Ausbruchsplan in die Tat umsetzt, geht es mit dem ganzen explosiven Budenzauber, dessen die Computeranimation fähig ist, zur Sache. Die aufgebrezelten Mädchen müssen nicht nur Brutalitäten durchleiden, sondern als kriegerische Amazonen so viele Kulissen in Schutt und Asche legen, als ob Snyder ein für alle Mal beweisen wollte, dass Frauen nicht das friedfertigere Geschlecht sind.

Im Bordell tritt das Quintett meist in aufreizenden Schulmädchenkostümen mit kurzen Röcken und tausendfüßlerdicken falschen Wimpern auf, in den virtuellen Befreiungskriegen dagegen in martialischen Domina-Kostümen.

Unterstützt von einem mysteriösen Weisen in verschiedenen Inkarnationen kämpft Babydoll zunächst gegen maskierte Samuraikrieger. Später schießen sich die fünf durch düstere 1.-Weltkrieg-Schützengräben, erstechen Ork-artige Unholde und bombardieren Drachen.

Posierende Püppchen

Dazu donnern laute Remixes von Popsongs, etwa "Sweet Dreams (Are Made of This)" von Eurythmics oder "We Will Rock You" von Queen. Doch so sexy die Frauen mit ihren großen Knarren auch hergerichtet sind, so wird ihr Parcours durch aufeinander folgende Gemetzel, in der abgehackten, sterilen Manier eines Computerspiels inszeniert, dennoch bald öde.

Denn außer Schauwerten hat das Quintett nichts zu bieten; die aufstrebenden Jungdarstellerinnen Emily Browning, Jena Malone, Vanessa Hudgens, Jamie Chung und Abbie Cornish bleiben posierende Püppchen und sind dermaßen mit Schminke zugekleistert, dass man sie kaum erkennt. Der mit New-Age-Kalendersprüchen versehene Schluss-Twist, mit dem die zerfahrene Handlung erklärt werden soll, ist schlicht albern.

Als poppige Nummernrevue mit schwülstigen Fast-Vergewaltigungsfantasien und ohrenbetäubenden Actiongetöse besitzt das Werk zwar gewisse Reize - doch einen Spielfilm mag man das Treiben kaum nennen.

(apd/csr)
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