"Body" Hunger nach einem anderen Leben

Düsseldorf · Ungewöhnliches Drama über Magersucht - mit komischen Momenten. Olga kann ihren Vater nicht essen sehen. Sie kann ihn überhaupt nicht ansehen, denn für sie ist er ein roher Klotz, übrig geblieben aus der Zeit des Sozialismus, als in Polen Männer wie er Karriere machen konnten. Olga hat sich stets an ihre Mutter gehalten, doch dann ist die gestorben und ließ sie zurück im falschen Leben, im falschen Körper. Und darum hungert Olga. Oder sie stopft Süßigkeiten in sich hinein bis zum Erbrechen.

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In "Body" erzählt Malgorzata Szumowska die in Variationen bekannte Geschichte einer magersüchtigen Frau. Doch die polnische Regisseurin macht es anders. Sie zeigt die absurden Seiten dieser Erkrankung, und das ist erschreckend und komisch zugleich. Nach einem Zusammenbruch kommt Olga in eine Klinik, dort trifft sie auf die Therapeutin Anna, die all ihre Kraft in die Arbeit mit den jungen Mädchen legt, selbst aber ein einsames Leben führt - an der Seite einer Dogge. Die hat sie genauso wenig im Griff wie ihre introvertierten Patientinnen, aber Anna hat eine Gabe: Sie steht in Kontakt mit dem Jenseits. Darum wird sie für Olga interessant.

Szumowska lässt ihren Film gekonnt changieren zwischen Magersuchtsdrama mit fast dokumentarischen Szenen aus dem Klinikalltag, Geisterthriller und Komödie. Das gelingt, weil sie hervorragende Schauspieler vor der Kamera hat. Janusz Gajos zum Beispiel, der Olgas desillusionierten Vater spielt. Als Untersuchungsrichter wird er immer wieder an Tatorte gerufen, an denen Menschen einander Schreckliches angetan haben. Fast reglos nimmt er das hin. Sein Tatort ist ja daheim: Nie weiß er, in welcher Verfassung er seine Tochter vorfindet, wenn er nach Hause kommt.

Maja Ostaszewska spielt die verhärmte Therapeutin, die mit modernen Methoden versucht, ihre magersüchtigen Patientinnen aus dem Gefängnis ihrer Krankheit zu befreien. Auch die Vergeblichkeit ihres Bemühens ist tieftraurig und komisch zugleich, weil die Therapeutin mit sich selbst so überfordert ist. Justyna Suwala spielt die störrische Olga, die all ihren Hass auf den Vater gegen sich selbst wendet. Doch der Humor wird sie am Ende mit dem Vater verbinden. Und die Therapeutin wird erfolgreich sein, ohne es zu ahnen. "Body" ist ein irritierender Film, weil er mit Genres spielt und weil er sich mit absurdem Humor einer Krankheit nähert, ohne ihr den Schrecken zu nehmen.

"Body", Polen 2015, - Buch und Regie: Malgorzata Szumowska. Kamera: Michal Englert. Mit Janusz Gajos, Maja Ostaszewska, Justyna Suwala. 90 Min.

(dok)
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