Baseball-Drama "Moneyball" Brad Pitt lehrt das Siegen

In "Moneyball" spielt der 48-Jährige den Manager eines kleinen Baseball-Vereins. Er versucht, den Erfolg seines Teams zu berechnen. Also legt er Statistiken an und kauft günstig Spieler, die anderswo ausgemustert wurden. Der Erfolg ist phänomenal. Der Film erzählt eine wahre Geschichte.

Vom Erfolg der Statistik

Die Oakland Athletics sind ein kleines und mittelmäßiges Baseball-Team, als ihnen im Jahr 2002 eine historische Siegesserie gelingt. Sie gewinnen 20 Spiele in Folge, das war in 100 Jahren National Baseball League noch keiner Mannschaft gelungen. Es steht kein Superstar bei ihnen unter Vertrag, und ihr Etat ist klein. Wie also kann es sein, dass die Männer aus Kalifornien die großen Teams von der Ostküste überflügeln, die New York Yankees und Boston Red Sox?

Der Film "Moneyball" erzählt die Geschichte dieser legendären Saison. Und er tut das auf eine Art, die man von Sportfilmen eigentlich nicht kennt. Regisseur Bennett Miller zeigt keine schweißnassen Kämpfer in Zeitlupe, er inszeniert das Spiel auch nicht als extrem beschleunigtes, geradezu hysterisches Drama wie Oliver Stone es 1999 im Football-Film "An jedem verdammten Sonntag" tat. "Moneyball" ist auf den ersten Blick ein konventionell gefilmtes Sportdrama. Das Revolutionäre ergibt sich erst allmählich: Nicht Leidenschaft und Kraft haben die Oakland Athletics in die Geschichtsbücher gebracht, sondern kühle Berechnung.

Pitt in einer seiner besten Rollen

Brad Pitt spielt den Team-Manager Billy Beane. Er galt einst als großes Spielertalent, aber er fühlte sich nicht wohl in den großen Arenen, er traf den Ball nicht. Und noch heute verfolgt er die Spiele nie im Stadion, höchstens am Radio. Pitt spielt diesen Mann gut, vielleicht eine Spur zu intensiv; man merkt ihm an, dass er bald einen Oscar haben möchte. Beane muss mit wenig Geld eine Mannschaft versammeln, mit der Trainer Art (Philip Seymour Hoffman) arbeiten kann und die vor den altgedienten Talentspähern besteht. Die besten Szenen spielen also in miefigen Hinterzimmern, die Kerle diskutieren über Pitcher, Batter und Catcher, sie trinken Kaffee aus Pappbechern, und wenn der Kaffee aus ist, spucken sie ihre Kaugummis in die Becher.

Billy Beane legt das wenige Geld nicht in jungen Talenten an, die in der nächsten Saison ohnehin von vermögenderen Konkurrenten weggekauft werden, sondern in einen Eierkopf mit Wirtschafts-Examen aus Yale. Dieser Peter Brand (Jonah Hill) führt Statistiken über alle Spieler der nationalen Baseball-Liga, er misst deren Stärken und Schwächen, ihre Effektivität kann er aufs Komma genau berechnen. Dieses System heißt "Sabermetrics", der Amerikaner Bill James erfand es. Die Fans mögen es nicht, weil es dem Spiel die Emotionen nimmt, aber James revolutionierte damit den Sport.

Mit Brands Hilfe kauft Beane günstige Spieler, die anderswo ausgemustert wurden, in Oakland aber zu einem idealen Verbund zusammengesetzt werden. Was hier beginnt, ist ein Hohelied der Rehabilitation, ein Lob der zweiten Chance. Und eben das ist der Reiz des Films, sein rebellisches Moment. Nicht umsonst hängt in Billy Beanes Büro ein Plakat der Punkband The Clash.

Ursprünglich sollte Steven Soderbergh ("Ocean's Eleven") den Stoff verfilmen. Es gab bereits eine Buchvorlage, 2003 hatte Michael Lewis die großartige Saison der Oakland Athletics unter dem Titel "Moneyball. The Art Of Winning An Unfair Game" dokumentiert. Aber Soderbergh wollte eine Mischform aus Spielfilm und Reportage, und das passte den Produzenten nicht. Sie übergaben das Projekt an Bennett Miller ("Capote"), der mit Aaron Sorkin ("The Social Network"), einem der besten Drehbuchautoren Hollywoods, eine neue Fassung erstellte. Tatsächlich entwickelt sich seine Geschichte nach und nach vom Vehikel für Superstar Brad Pitt zu einem Drama mit gleichnishaften Zügen.

Dass auf dem keilförmigen Spielfeld des Baseball die Figuren vom Schicksal verschoben werden können, als sei das ein Bild des Lebens, ist ein altes Motiv. Philip Roth widmete ihm 1973 einen 450 Seiten langen Roman, dem er den Titel "The Great American Novel" gab. Darin steht ein Satz, der auch als Motto für "Moneyball" taugt: "Nichts kann einen Menschen so zermürben wie das Gefühl, dass in ihm eine Wahrheit lodert, die von allen anderen verleugnet wird."

Billy Beane ist ein einsamer Mann. Im Team vertrauen sie seiner Strategie nicht, Trainer Art droht mit Sabotage, der Hauptinvestor wird nervös. Beanes Ex-Frau spricht gönnerhaft über seinen Beruf, allein seine Tochter hängt an ihm. So geht er also seinen Weg, kaugummikauend und meistens gut frisiert, und an seiner Seite hat er nur den klugen Jungen mit der dicken Brille.

Nach einer wahren Geschichte

Spät in der Saison geschieht das Wunder, 20 Siege machen aus Verlierern Helden. Regisseur Bennett Miller schneidet grobkörniges TV-Material zwischen seine Bilder, das erhöht die Authentizität. Es wird zwar nicht zur Meisterschaft reichen, dem World Series Title, aber im letzten Drittel der 133 Minuten geht es ohnehin nur mehr um Billy Beane. Natürlich fällt der Konkurrenz auf, dass jeder Sieg der New York Yankees im Schnitt 1,4 Millionen Dollar kostete, ein Sieg seines Teams aber nur 260000 Dollar. So günstig möchten die Großen künftig auch wirtschaften. Die Boston Red Sox machen Beane ein unmoralisches Angebot: Nimmt er es an, wird er der bestbezahlte Sportmanager der Vereinigten Staaten.

Am Ende dieses langsamen, aber mitreißenden Films verraten einige Sätze, wo Beane heute arbeitet. Man muss an Philip Roth denken. Bei ihm heißt es: "Weiter kann ich wohl nicht mehr gehen."

Bewertung: 4 von 5 Sternen

(RP/csi)
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