"Broadway Therapy" im Kino Bogdanovich beschwört das alte Hollywood

Der Altmeister Peter Bogdanovich drehte nach zwölf Jahren mal wieder einen Film. Für "Broadway Therapy" verpflichtete er ein Großaufgebot an Stars.

"Broadway Therapy" - Peter Bogdanovich beschwört altes Hollywood
Foto: dpa, bsc

Es gibt diesen Moment, da spürt man, wie der ganze Film gedacht war. Die Hauptfigur Izzy erzählt einer Journalistin, wie sie vom Callgirl zur Schauspielerin wurde. Nach viel Talent hört sich ihre Story nicht an. Aber dann sagt Izzy der Reporterin ihr Lebensmotto auf. Audrey Hepburns legendäres "I believe in pink"-Zitat, das von der Macht des Küssens erzählt und vom Glauben daran, dass es immer Wunder gibt und einen nächsten Tag. Und für einen Augenblick ist sie da in Izzys leuchtendem Gesicht. Die Magie des großen Hollywood.

Peter Bogdanovich hat mit der Hepburn gearbeitet und mit den anderen Großen auch. Als Regisseur muss er niemandem mehr etwas beweisen, außer vielleicht sich selbst. In den 70ern, als junger Wilder, konnte Bogdanovich Barbra Streisand in "Is' was, Doc?" so auf einem Konzertflügel drapieren, dass man vor Lachen umfiel. Genauso konnte er in "Die letzte Vorstellung" eine amerikanische Wirklichkeit inszenieren, die einem mit ihrer schwarz-weißen Hoffnungslosigkeit den Atem nahm. Nun legt der 76-jährige mit "Broadway Therapy" den ersten Film in zwölf Jahren vor.

Es ist sein Update des klassischen Screwball. Und weil es da verrückt zugehen muss, spielt das Ganze am Broadway. "Birdman" und "Bullets Over Broadway" lebten schon prächtig von den Backstage-Marotten der Gefallsüchtigen. Auch hier steigt die wirkliche Show hinter der Bühne. Das Brooklyner Escort-Girl Izzy, schön kess gespielt von Imogen Poots, träumt von einer Schauspielkarriere. Ein netter Kunde namens Arnold (schläfrig: Owen Wilson) schenkt ihr nach einer romantischen Nacht 30.000 Dollar, damit sie den Traum finanzieren kann. Dass Arnold hobbymäßig Callgirls mit Privatstipendien versorgt, weiß Izzy nicht. Am nächsten Morgen spricht sie für ein Broadwaystück vor, dessen Regisseur der erschrockene Arnold ist. Seine ahnungslose Frau Delta (Kathryn Hahn) ist von Izzy hingerissen. Sie bekommt die Rolle.

Um dieses Trio herum webt Bogdanovich ein Netz aus weiteren Figuren, das zu entwirren einen etwas Zeit kostet. Da ist Arnolds Autor Joshua (Will Forte), der sich in Izzy verliebt und darüber Jane (Jennifer Aniston) vergisst, seine biestige Freundin und, rein zufällig, Izzys Psychiaterin. Seth (Rhys Ifans), der Star des Stücks, der Arnold durchschaut und Delta haben will; und ein eifersüchtiger Freier Izzys (Austin Pendleton), der sie durch einen greisen Detektiv (George Morfogen) beschatten lässt. Und damit hat das personelle Chaos noch lange kein Ende.

Zu überfrachtet ist das alles, um Tempo und Timing durchgehend zu halten, und die eine oder andere Pointe gerät müde. "Broadway Therapy" ist auch eine Verbeugung vor Bogdanovichs Idol Ernst Lubitsch - das zeigt sich schon an Arnolds leitmotivischem Nonsens-Spruch "Eichhörnchen für die Nüsse", der aus Lubitschs "Cluny Brown" stammt - und vor weiteren Kollegen. Etwas Billy Wilder steckt in all den Schleichereien durch Hotelflure und peinlichen Begegnungen im Lift, Woody Allen in der New Yorker Kulisse und den neurotischen Figuren. Robert Altman lächelt durch ein paar lärmende Gruppendialoge, bei denen irgendwie doch jeder zu hören ist. So eifrig ehrt Bogdanovich die Kunst anderer, dass man sich irgendwann fragt, ob er die eigene vielleicht vergessen hat.

Die Branche hat sie nicht vergessen. Wenn einer wie Bogdanovich ruft, kommen sie alle. Eine Armada von Gaststars und alten Freunden läuft in Kurzauftritten durch den Film. Michael Shannon, Tatum O'Neal, Jennifer Esposito und - sehr nett - Quentin Tarantino mit einem Besuch, der eine Brücke schlägt zwischen Bogdanovichs altem "New Hollywood" und dem neuen.

"Broadway Therapy" ist angenehm überdrehter Showbiz-Klamauk. Ein laues Fegefeuer der Eitelkeiten, an dem sich niemand die Finger verbrennt. Wenn Izzy sich nostalgisch hinter einem Duschvorhang vor Delta versteckt, wenn Jane Joshua im Restaurant die gute alte Faust ins Auge rammt, ist das lustig anzusehen. Bogdanovich feiert das Gestern im Heute, lässt seine neuen Stars immer wieder auf die Großen von damals verweisen, die Monroe und Astaire, Bogart und Bacall. Von deren Glanz holt der Film nicht mehr als ein warmes Glimmen zurück. Diese Zeiten sind vorbei, Bogdanovich weiß das selbst.

Aber er darf sich und uns gern noch mal daran erinnern.

(RP)
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