"Dora oder die sexuellen Neurosen unserer Eltern" Drastische Außenseiter-Studie

Düsseldorf · An Doras Geburtstag organisieren die Eltern eine Party mit Spielen und bunten Ballons. Als die 18-Jährige Sahne auf ihre Sandale kleckert, schlüpft sie heraus und hüpft fröhlich davon, ihre Mutter (Jenny Schilly) wischt die Bescherung weg.

"Dora oder die sexuellen Neurosen unserer Eltern" von Regisseurin Stina Werenfels
Foto: verleih

Ab hier ist "Dora" nichts mehr für schwache Nerven oder für Moralisten. Regisseurin Stina Werenfels ("Nachbeben") inszenierte ihren dritten Film nach Lukas Bärfuss' Theaterstück "Die sexuellen Neurosen unserer Eltern". Doras Drang nach Selbstbestimmung wirft eine komplexe Frage auf: Wohin mit der elterlichen Verantwortung, wenn die geistig retardierte Tochter ihre Erwachsenenrechte einfordert? Was Peter, gespielt von einem grandios schillernden Lars Eidinger, auf dem Bahnhofs-WC mit Dora macht, ist formal gesehen Vergewaltigung. Ihr aber gefällt es, wie sie später einer Psychologin erklärt. Fortan treffen die zwei sich oft und gern zum Liebesspiel. Und dann ist Dora schwanger.

Brillant subjektiv filmt die Kamera alles aus Doras Perspektive. Die Bildränder sind verschwommen, Gesichter, Dinge und Körperteile gleiten in Doras Blickfeld und wieder hinaus. Nötigung, Abtreibung, der Überdruss einer Mutter am eigenen Kind, Zuhälterei und Kinderwunsch sind nur einige der Tabus, die Werenfels bricht. Gelegentlich gerät ihr dabei die Symbolik zu stark, etwa wenn Dora Peter einen Granatapfel schenkt, der beim Sündenfall auf dem Boden herumkullert. Sehenswert ist "Dora" aber als die bizarrste Kinoromanze seit langem. Die Symbiose zweier Außenseiter, die einander gut tun in einer Weise, die keiner Norm entspricht.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort