"Nicht alles schlucken" Eine Doku forscht nach den Folgen von Psychopharmaka

Berlin · Betroffene sitzen im Stuhlkreis und berichten von ihren Erfahrungen. Das ist beeindruckend und lässt doch viele Fragen offen. Es fehlt vor allem an Erklärungen und Hintergründen.

 In "Nicht alles schlucken" sitzen Betroffene zusammen und sprechen über die Auswirkungen von Psychopharmaka.

In "Nicht alles schlucken" sitzen Betroffene zusammen und sprechen über die Auswirkungen von Psychopharmaka.

Foto: dpa, sab

In psychiatrischen Einrichtungen verabreichte Medikamente sollen den Betroffenen helfen. Sie sollen die Situation im Zusammenspiel mit anderen Therapieformen möglichst so bessern, dass sie wieder verzichtbar werden. So die Theorie. Wie anders die Verabreichung von Psychopharmaka von den Patienten selbst oft empfunden wird, zeigt der Dokumentarfilm "Nicht alles schlucken".

Die Filmemacher Jana Kalms und Piet Stolz widmen sich damit einem Thema, das im gesellschaftlichen Umfeld häufig noch ein Tabu ist: psychischen Erkrankungen. 20 Menschen - Patienten, Pfleger, Angehörige und Ärzte - wurden für den Film in einen Raum gebeten. Schon dessen Ausstattung mit braunen Stühlen auf grauem Boden vor beige-braunen Wänden sorgt beim Zuschauer für gedrückte Stimmung. Im Kreis sitzend erzählen die Gäste von ihren Erfahrungen, meist ruhig und beherrscht. Selten fließen die Tränen, die hinter den Worten oft deutlich zu spüren sind.

Die Kamera rückt den Sitzenden immer wieder ganz nah. Feine Linien und eingegrabene Falten, gebogene Mundwinkel und traurige Augen zeigen deutlich, dass im Leben so manchen Gastes schlimme Erlebnisse oder Gefühle tiefe Spuren hinterließen. Eine Mutter ist dabei, die ihren von psychischen Problemen betroffenen Sohn seit sieben Jahren nicht mehr gesehen hat. Eine junge Frau, die nach bisher vier Psychose-Schüben versucht, ohne Medikamente zu leben, weil sie ein kleines Kind hat. Es gibt keine Musik, keine Kommentare aus dem Off, nicht einmal eingeblendete Texte zu Namen oder Funktion des jeweils Sprechenden. Dieser Verzicht ist allerdings auch das größte Manko des Films: Um welche Medikamente geht es, welche Krankheiten? Wie hat sich die Medikation tatsächlich entwickelt? Mit Fragen wie diesen wird der Zuschauer alleingelassen.

(dpa)
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