"I Origins" im Kino Starkes Drama mit philosophischem Anspruch

Es geht um gewichtige Fragen zwischen Glauben und Wissenschaft in Mike Cahills zweitem Spielfilm. Unterstützt wird er bei dem sehr ambitionierten Unterfangen von Schauspielern wie Michael Pitt und Brit Marling.

"I Origins": Starkes Drama mit philosophischem Anspruch
Foto: dpa, hk

Gleich mit seinem Erstling konnte der junge US-Regisseur Mike Cahill eine Menge Lob einstreichen. Ausgezeichnet wurde das Science-Fiction-Drama "Another Earth" von 2011, in dem plötzlich eine zweite Erde am Firmament erscheint, etwa beim renommierten Sundance Film Festival. Auch in seinem nun anlaufenden zweiten Spielfilm geht es Cahill, von dem auch das Drehbuch kommt, um nicht weniger als die ganz großen Themen, so etwa den Gegensatz zwischen objektiver Wissenschaft und irrationalem Glauben. Wieder ist Schauspielerin Brit Marling ("Arbitrage") in einer Rolle zu sehen, sowie als Hauptdarsteller Michael Pitt (etwa bekannt aus der US-Serie "Boardwalk Empire").

Dr. Ian Gray (Pitt) arbeitet als Molekularbiologe und ist als solcher vor allem von einer Sache fasziniert: dem menschlichen Sehorgan (selbst seine leicht nerdige Brille weist eine irgendwie irisartige Struktur auf) und dessen evolutionärer Entwicklung. Wenn Ian nicht im Labor ist, fotografiert er mit Begeisterung Augen, auch diejenigen von ihm völlig fremden Menschen. Eines Abends trifft er auf einer Party eine mit einer schwarzen Maske verkleidete Frau und lichtet auch deren wunderschöne Augen ab. Er verliebt sich in das exotische Modell und geht mit ihr eine so leidenschaftliche wie von starken Gegensätzen geprägte Beziehung ein. Sofi nämlich glaubt an Vorherbestimmung, ist so spirituell, wie Ian aller Metaphysik abgeneigt: "Ich bin ein Wissenschaftler. Ich glaube an Beweise".

Von Ians Forschungen, etwa an Würmern, ist Sofi regelrecht abgestoßen, "es ist gefährlich, Gott zu spielen", und doch planen die beiden zu heiraten. Durch einen schrecklichen Unfall aber wird Sofi jäh aus dem Leben gerissen. Ian braucht eine Weile, um sich von diesem Schock zu erholen, nimmt aber dann seine Forschung, unterstützt von Kollegin Karen (Brit Marling), wieder auf. Sieben Jahre später hat Ian nicht nur ein bahnbrechendes Buch veröffentlicht, er und Karen erwarten auch zusammen ein Kind. Ians wissenschaftliche und scheinbar so feste Überzeugungen aber werden erschüttert, als er in einer Datenbank auf die Augen eines indischen Mädchens stößt, dessen Iris genau mit der der verstorbenen Sofi übereinstimmt. Ian begibt sich auf eine, alles verändernde Reise.

Brit Marling, die bei "Another Earth" nicht nur als Skriptautorin, sondern als Hauptdarstellerin auch vor der Kamera überzeugen konnte, ist diesmal in einer etwas kleineren, wenn auch immer noch wichtigen Rolle zu sehen. Und wieder macht sie ihre Sache sehr gut, ihr zurückgenommenes und doch eindringliches Agieren fasziniert auch in "I Origins". Filmpartner Michael Pitt, dessen Oeuvre schon ein paar mehr Kinofilme aufweist (ob als Kurt Cobain in "Last Days" oder in Michael Hanekes Folterthriller "Funny Games U.S.") ist ebenfalls stark als vermeintlich nüchterner, letztlich aber doch mit einer künstlerisch-spirituellen Seite ausgestatteter, in jedem Fall sehr wissbegieriger Wissenschaftler.

"I Orgins" ist voller schöner, teils poetischer Ideen und Momente. Spannend vor allem für den Teil des Kinopublikums, der an Fragen interessiert ist, die im Grenzbereich siedeln von Wissenschaft und Religion, irgendwo im weiten Feld zwischen Philosophie und Theologie, Evolutionstheorie und dem Glauben an Wiedergeburt, trockener Forschung und Esoterik. Wer offen ist für Gedankenspiele und Überlegungen dieser Art, der wird den Kinosaal inspiriert verlassen.

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Andere wiederum dürften ihre Schwierigkeiten damit haben, Regisseur Cahill bis zur letzten Konsequenz, bis hin zur letzten Minute des Films zu folgen. Nach zwei so ambitionierten und kontroversen Filmen aber wie "Another Earth" und "I Origins" muss man den 35-Jährigen zu den talentiertesten Stimmen im jüngeren US-Kino zählen.

(dpa)
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