Science-Fiction-Epos "Interstellar" im Kino Nolan und das ganz große Kino

Düsseldorf · Es ist einer der meist erwarteten Kinostarts des Jahres: Die Hollywood-Superstars Matthew McConaughey und Anne Hathaway brillieren in Christopher Nolans neuem Film "Interstellar". Das Werk polarisiert – und hat gerade deswegen beste Chancen, sich als Meisterwerk zu etablieren.

"Interstellar"von Christopher Nolan mit Matthew McConaughey
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Science-Fiction-Epos "Interstellar" mit Matthew McConaughey

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Es ist einer der meist erwarteten Kinostarts des Jahres: Die Hollywood-Superstars Matthew McConaughey und Anne Hathaway brillieren in Christopher Nolans neuem Film "Interstellar". Das Werk polarisiert — und hat gerade deswegen beste Chancen, sich als Meisterwerk zu etablieren.

"Interstellar" läuft ab heute in den deutschen Kinos. Falls Sie dieser banale Satz nicht in Euphorie ausbrechen lässt wie den Großteil internationaler Kinoliebhaber, bietet folgende Anekdote ein wenig Aufklärung: Hans Zimmer, Komponist und neunfacher Oscar-Gewinner, bekam vor nicht allzu langer Zeit einen Auftrag von Christopher Nolan. Der Brite, seines Zeichens gefeierter Hollywood-Regisseur, brauchte ein Leitmotiv für "Interstellar" - verriet aber dem eigenen Komponisten nicht die Handlung. "Die eine Seite, die Chris an diesem Tag für mich schrieb, hatte eigenartigerweise kaum etwas mit dem Film zu tun", erklärte der Musiker in einem Interview. Zimmer machte sich sofort an die Arbeit.

Regisseur Nolan wirkt für viele Cineasten und Kritiker wie ein Relikt der Hollywood-90er. Er weiß in der Zeit überbordender Comic-Verfilmungen mit seinen Blockbustern zu faszinieren. Seine Geheimniskrämerei ist eine willkommene Abwechslung in den multimedialen 2010ern. Dass er sich solch eigenwillige Arbeitstechniken überhaupt leisten kann, liegt an seiner besonderen Vita.

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Mit dem Independent-Werk "Following" finanzierte er den sowohl cleveren wie gefeierten Thriller "Memento" - womit er in die Blockbuster-Riege in Hollywood aufstieg. Mit Folgewerken wie "Prestige", der "Batman"-Trilogie und vor allen Dingen "Inception" schaffte er den Spagat zwischen Anspruch und Unterhaltung wie kaum ein anderer Kollege. Mittlerweile hat er sich geradezu freigespielt, sprich: Komme was wolle, Produzenten finanzieren seine Ideen.

Überall lauern Superstars

Nun also "Interstellar". Nolan präsentiert in seinem Science-Fiction-Epos eine ganze Gruppe von Superstars vor und hinter der Kamera. Die bekanntesten Namen: Matthew McConaughey, der seit seinem Oscar für "Dallas Buyers Club" durchstartet, und Anne Hathaway (auch Oscar-Gewinnerin für "Les Miserables") spielen die Hauptrollen.

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Wissenschaftler Cooper (McConaughey) ist eigentlich Nasa-Pilot, da aber die Erde zu verdorren droht, beschäftigt er sich wie die meisten Mitmenschen mit Landwirtschaft. Mais ist der quasi einzig übrig gebliebene Anbaustoff, Sauerstoff geht der Menschheit langsam aus. Was tun?

Offenbar sehr wenig. "Früher blickten wir in den Himmel und fragten uns, wo unser Platz in den Sternen ist, heute gucken wir nur noch zu Boden und denken über unseren Platz im Dreck nach", resümiert Cooper in der kurzweiligen Exposition. Nun wird seinen Kindern in der Schule erklärt, dass die Mondlandung ein einziger Betrug war, der dem Kalten Krieg geschuldet war.

Mithilfe seiner Tochter, die ihrem Vater in Sachen Tatendrang und Wissbegierigkeit nicht nachsteht, kommt er jedoch einem Nasa-Projekt auf die Schliche: Sie haben vor Jahren ein Wurmloch entdeckt und verschiedene Teams ausgesandt, um in der dadurch erreichbaren fernen Galaxie einen bewohnbaren Planeten zu finden. Kommunikation ist nicht möglich, und so kommt der Abenteurer und Pilot Cooper gerade recht. Er soll in einem wortwörtlichen Himmelfahrtskommando den Fortschritt der Kollegen begutachten und mit Resultaten zurückkehren. Damit nimmt die Reise ihren Lauf.

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In dem rund dreistündigen Epos dreht sich viel um Physik. Neben dem Wurmloch muss dem Zuschauer auch "Gargantua" (ein schwarzes Loch) möglichst plausibel nahegebracht werden, selbst Zeitreisen werden nicht ausgespart. Hört sich anspruchsvoll an - ist es auch. Während die TV-Serien immer mehr an Wert gewinnen, entschied sich Nolan für eine ausgedehnte Kino-Variante. Das kommt dem Film nicht immer zugute, teils galoppiert er durch Szenen, die mehr Raum benötigt hätten.

Der große Nachteil einer Serie würde aber schon nach wenigen Minuten auf der Hand liegen. Der Brite zaubert ein monumentales Imax-Werk auf die Leinwand, der Zuschauer wird mit offenem Mund in die Sitze gedrückt. "Interstellar" ist ein Abenteuer, Nolan fungiert als erfahrener Reiseführer.

Zumal es der Regisseur schafft, sein bisheriges Manko abzustellen. In Figurengestaltung, Dramaturgie und Kreativität zeigte er nur selten Schwächen, die Emotionalität kam aber häufig zu kurz. Das war bereits ein Dilemma bei "Memento" und "The Dark Knight". "Inception" wirkte schon intimer, bei "Interstellar" liefert Nolan sein Meisterstück ab. Die Beziehung zwischen Cooper und seiner Tochter Murphy bildet das emotionale Gerüst des Films, und es funktioniert gnadenlos gut.

McConaughey überragt erneut

Das liegt auch an den außerordentlichen Schauspieler-Leistungen. Allen voran McConaughey: Die beeindruckendste Szene zeigt Videobotschaften seiner Kinder, über Jahre hinweg aufgenommen. Die Kamera bleibt fast ausschließlich auf dem verzweifelten Vater, jeder Schnitt ist geradezu ein Affront.

Gegen Ende hin schwächelt leider der Plot, er wirkt überladen und konstruiert. Aber: Nolan ging Risiken ein, er wagte etwas - eine seltene Eigenschaft im Hollywood dieser Tage. Zimmers persönliches Wagnis, eine Filmmusik ohne Film zu komponieren, funktioniert übrigens prima: Seine zehnte Oscar-Nominierung scheint ihm bereits sicher.

(cfk)
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