"Magic In The Moonlight" im Kino Woody Allen erkundet das Übersinnliche

New York · Der neue Film des Regiemeisters spielt in den 20er Jahren und heißt "Magic In The Moonlight". Colin Firth als Magier verliebt sich in die Kollegin Emma Stone. Entstanden ist eine amüsante, bisweilen alberne Liebeskomödie.

 Der berühmte Zauberkünstler Stanley Crawford (Colin Firth) und die Wahrsagerin Sophie (Emma Stone) in einer Szene des Films "Magic in the Moonlight".

Der berühmte Zauberkünstler Stanley Crawford (Colin Firth) und die Wahrsagerin Sophie (Emma Stone) in einer Szene des Films "Magic in the Moonlight".

Foto: dpa, ImY

Man darf sich auf keinen Fall von den Miesepetern abhalten lassen, diesen Film anzuschauen. Viele Rezensenten hadern ja mit der neuen Produktion von Woody Allen, manche rätseln gar, ob "Magic In The Moonlight" der schlechteste Film des 79-Jährigen ist, aber dann entscheiden sie sich zum Glück doch lieber für "Hollywood Ending" aus dem Jahr 2002. Jemand rechnete vor, dass Allen nur alle acht Jahre einen großen Film herausbringe, und nach "Harry außer sich" (1997), "Match Point" (2005) und "Blue Jasmine" (2013) folgten nun die Jahre der Flaute - alles Gute und bis zum Wiedersehen 2021. Das ist aber Quatsch, denn ganz sicher hat diese Komödie lange nicht die Klasse von "Blue Jasmine". Dennoch sind das 98 amüsante Minuten. Am Ende sitzt man da und grinst und summt so für sich: "Let's misbehave".

Schauplatz ist Südfrankreich in den 20er Jahren. Im Mittelpunkt steht der Illusionist Stanley, den Colin Firth so spielt, dass man ständig denkt, das ist Colin Firth in Verkleidung, was in diesem Fall aber nicht schlimm ist, sondern ganz charmant. Stanley findet sich selbst sehr gut, könnte man sagen, er sieht sich als König in seinem Metier, und deshalb ist es schön zu sehen, wie er auf Emma Stone reagiert. Die spielt ein Medium namens Sophie, ihre Disziplin ist die Kontaktaufnahme mit Verstorbenen: "Wenn du im Raum bist, klopfe zweimal." Auch sie ist selbstbewusst, auch sie nimmt die Menschen auf den Arm, selbe Branche also, und auch sie macht ihre Sache gut.

Es ist toll, die Entwicklung der beiden zu sehen: der Routinier Stanley, der stets wirkt, als leide er unter Sodbrennen, und die junge Sophie, die von ewigem Sonnenschein umgeben zu sein scheint und Wimpern hat, die aussehen wie der Mond, wenn der wie eine feine Sichel aussieht. "Alle Bilder in meinem Kopf sind wolkenverhangen", sagt sie während einer Séance, und er entgegnet: "Cumulus oder Cirrus?". "Haben Sie von Ektoplasma gehört?", fragt sie bei anderer Gelegenheit. "Ist das sowas wie Joghurt?", entgegnet er, noch hat er die Lacher auf seiner Seite.

Woody Allen lässt den Zuschauer in Landschaftspanoramen schwelgen, er inszeniert Herrenhäuser und Gärten wie Postkartenmotive, und die Interieurs sind so detailverliebt und delikat, als wäre das die Verfilmung eines englischen Klassikers. Allen zitiert sich selbst, die Zauberer aus "Ich sehe den Mann deiner Träume" und "Scoop" und den Hypnotiseur aus "Im Schatten des Jadeskorpions". Er gönnt sich Abschweifungen in die Albernheit, ins geistreiche Gagatum, selbst das ist sehenswert, jedenfalls wenn nicht gerade der tatsächlich etwas arg nervige Hamish Linklater mit seiner Ukulele durchs Bild läuft, sondern Emma Stone so tut, als sei sie in Trance.

Wenn man ehrlich ist, geht es bei Filmen von Woody Allen ohnehin schon lange nicht mehr darum, eine Geschichte erzählt zu bekommen, in die man sich derart versenkt, dass man tatsächlich glaubt, man sehe Menschen zu, die anderswo und zu einer anderen Zeit leben. Es geht vielmehr darum, bekannte Schauspieler zu erleben, die von Woody Allen geführt werden, und dann zu schauen, was sie machen und wie er hinbekommt, dass sie es machen. Und das Erlebnis ist dabei wichtiger als das Ergebnis.

Der Höhepunkt des neuen Films ist denn auch erreicht, als Firth und Stone im Oldtimer auf der Uferstraße Grande Corniche fahren. Sie haben eine Autopanne, die Reparatur dauert ewig, und sie ist kein Erfolg. Emma Stone schaut zum Himmel, sie trägt seit einigen Minuten einen spöttischen Ausdruck spazieren. "Es regnet gleich", sagt sie, aber Colin Firth findet, der Himmel sei klar, und natürlich fängt es sofort an zu blitzen und zu donnern, dann regnet es, und sie flüchten in ein Planetarium. Dort kommt es zur titelgebenden Magie im Mondlicht - für ihn zumindest, denn während inzwischen jedem klar ist, warum sich Stanley in Sophie verliebt hat, weiß man nicht so recht, was sie an diesem tweedsteifen Stiesel finden soll.

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Sie ziert sich denn auch, aber in einer der nächsten Szenen bricht jeder Widerstand. Da macht er ihr einen unbeholfenen Heiratsantrag, einen, der ohne Entäußerung und letztgültige Verbindlichkeit auszukommen versucht, einen stolzen Heiratsantrag, den man eigentlich nicht hören will. Sie sitzt rotwangig auf einer Schaukel und liest, die Umgebung ist reine Kulisse und der Film nur mehr Idee, und dann lacht sie und geht. Er ist verletzt, das kennt er nicht, und deshalb ruft er ihr hinterher: "Du wirfst dein Flugticket ins Paradies fort."

Dass ist lächerlich, klar. Aber da man sich unter Magiern befindet, wirkt es zauberhaft, und bald schon hört Colin Firth ein Klopfen. Dabei hat er gar nicht gefragt, ob jemand im Raum ist.

Was das genau zu bedeuten hat, soll an dieser Stelle offen bleiben. Sicher ist nur dieses: Ein als verunglückt geltender Film von Woody Allen ist kein so großer Genuss wie ein gelungener. Aber beinahe.

(RP)
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