Neu im Kino: "Money Monster" Jodie Foster rechnet mit der Finanzwelt ab

Düsseldorf · Ein frustrierter Kleinanleger verliert all sein Geld, stürmt ein TV-Studio und nimmt Geiseln. Er fordert Antworten von den Experten, die ihm die Anlage empfohlen haben. "Money Monster" ist eine bitterböse Abrechnung mit der Gier.

 Clooney spielt einen Mann, der glaubt, nichts mehr zu verlieren zu haben.

Clooney spielt einen Mann, der glaubt, nichts mehr zu verlieren zu haben.

Foto: dpa, kes sab wok

Der Bankencrash von 2008 hat nicht nur dazu geführt, dass Millionen US-Bürger ihre Häuser, Ersparnisse und Renten verloren haben. Auf der Strecke geblieben ist auch das Vertrauen in ein politisches System, das die Schuldigen nicht vor Gericht stellte, sondern ihnen mit Ausfallbürgschaften aus Steuergeldern Rettungsschirme aufspannte.

Wie dramatisch dieser Vertrauensverlust in das politische und wirtschaftliche Establishment ist, zeigt sich heute auf fast schon paradoxe Weise im Aufstieg des populistischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Gemessen an den enormen Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die US-Gesellschaft, hat sich dieses brennende Thema im amerikanischen Kino kaum widergespiegelt.

Hollywood — selbst stark von der Finanzkrise getroffen — flüchtete sich in die Superhelden-Blockbuster-Monokultur. Die Filme, die sich mit den Machenschaften der Börse und den Auswirkungen der Krise auseinandersetzten, blieben Ausnahmeerscheinungen. Martin Scorseses "Wolf of Wall Street" warf einen retrospektiven Blick auf den Zynismus der Branche und die Faszination des schnellen Geldes. Erst im vergangenen Jahr lieferte Adam McKays "The Big Short" zum ersten Mal auf der Leinwand eine erhellende und unterhaltsame Analyse der Ereignisse, die zur Immobilienblase und dem Bankencrash führten.

Außen vor blieb in beiden Filmen jedoch die Perspektive der direkt Betroffenen am unteren Ende der kapitalistischen Hierarchie. In ihrem neuen Film "Money Monster" bringt Jodie Foster nun die beiden Welten in direkte Konfrontation miteinander. Lee Gates (George Clooney) moderiert für einen Kabel-TV-Sender eine Börsenshow. Mit goldenem Zylinder tanzt er zwischen deutlich gelenkigeren Showgirls, kommentiert die Kurven der Aktienkurse mit schlüpfrigen Witzen und gibt jeden Tag in marktschreierischer Manier einen Investment-Tipp ab.

Was aussieht wie ein vollkommen überspitzte Satire, hat in der TV-Show "Mad Money" in der amerikanischen Fernsehlandschaft ein erschreckend reales Vorbild. "Wir machen hier keinen Journalismus", klärt die Producerin Patty (Julia Roberts) im Vorbeigehen einen Studiogast über die inhaltlichen Ansprüche der Infotainment-Show auf. Dass das nicht allen Zuschauern klar ist, zeigt sich wenig später, als Kyle (Jack O'Donnell) sich ins Studio schmuggelt, den Moderator als Geisel nimmt und ihm eine Sprengstoffweste überzieht.

Der Paketbote hat immer hart gearbeitet, seine Mutter gepflegt und das spärliche Erbe in einen Fond investiert, den Gates in seiner Show als todsichere Investmentempfehlung beworben hat. Aber eine Computerpanne, deren Ursachen bisher nicht geklärt werden konnten, hat dem Börsenunternehmen einen Verlust vom 800 Millionen Dollar beschert. Auch hier liegt ein realer Fall zugrunde: Im August 2012 brachte ein ähnliches technisches Versagen die Investmentfirma "Knight Capital" mit einem Verlust von 460 Millionen Dollar zu Fall. Mit der Panne haben sich auch Kyles Ersparnisse in Luft aufgelöst.

Der wütende und verzweifelte Kleininvestor fordert nun vor laufenden Kameras mit der Pistole in der Hand eine persönliche Erklärung des verantwortlichen Geschäftsführers Walt Camby (Dominic West). Während Lee sich zunächst in Panikattacken flüchtet, versucht seine Producerin die Situation zu deeskalieren. Draußen vor dem Studio ziehen die Sondereinsatzkommandos der Polizei auf. Drinnen gehen Lee und Patty auf die Forderungen des Geiselnehmers ein und beginnen die wahren Ursachen des Unternehmensbankrott zu recherchieren, der nicht im Versagen eines Algorithmus', sondern in der persönlichen Bereicherung der Geschäftsführung liegen.

In einem sorgfältig konstruierten Psychodrama führt Foster in "Money Ball" drei Männerfiguren zusammen, die auf fatale Weise mit ihren Versagensängsten kämpfen und als durchaus prototypisch für die derzeitige gesellschaftliche Konfliktlage gelten können: Der glatte TV-Moderator, der den Zynismus einer korrumpierten Medienbranche verkörpert, die schon lange ihrer journalistischen Sorgfaltspflicht nicht mehr nachkommt. Der Investmentmanager, der vorgibt nur den Gesetzen der freien Marktwirtschaft zu folgen, und der buchstäblich kleine Mann von der Straße, dessen Existenz durch durch Börsenspekulation bedroht ist.

Was zunächst etwas lehrstückhaft daherkommt, erweist sich jedoch dank einer kompakten Inszenierung und interessanter Plotwendungen, die gezielt dramaturgische Klischees aushebeln, als spannender Polit-Thriller. Auch wenn "Money Monster" in der Zielgeraden mit einigen Glaubwürdigkeitsproblemen zu kämpfen hat, ist dieser Film dicht am Puls einer Gesellschaft, deren Polarisierungen im derzeitigen US-Wahlkampf auf fast schon groteske Weise zum Vorschein kommen.

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