"Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit" im Kino Wundervoll gelassene Tragikkomödie mit Eddie Marsan

Düsseldorf · Uberto Pasolini zeigt in seinem Film "Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit", was im Leben wirklich wichtig ist. Emotional wird es allemal.

"Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit": Wundervolle Tragikkomödie mit Eddie Marsan
Foto: dpa, mjh

Ein Leben, aus dem anscheinend irgendwann alle Farben entschwunden sind. Geblieben sind der graue Himmel und die Straßen im Londoner Süden, das graue Büro in der Bezirksverwaltung und die nicht weniger graue Wohnung in einem dieser tristen englischen Wohnblöcke. All das berührt den Beamten John May nicht weiter. Er geht in seiner Arbeit auf. Ein eigenes Leben hat der von Eddie Marsan gespielte Beamte in dem Film "Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit" nicht.

Mr. May lebt für andere. Alles, was er macht, steht im Dienste jener, die sein Mitgefühl und seine Beharrlichkeit wirklich brauchen und doch nie etwas von ihm und seinen Bemühungen erfahren werden. John Mays Aufgabe ist es, im Namen der Londoner Behörden die Angelegenheiten all der Menschen zu regeln, die alleine gestorben sind. May sucht nach Angehörigen, arbeitet sich durch die Hinterlassenschaften, organisiert Begräbnisse und schreibt die Grabreden für den Priester, denen er meist als einziger Trauergast lauscht.

Bei Travis Bickle in Martin Scorseses "Taxi Driver" hatte die unerträgliche Einsamkeit eine höhere, eine göttliche Dimension bekommen. In Uberto Pasolinis wundervoll gelassener Tragikomödie hingegen empfindet Mr. May sein Alleinsein nicht als ein Schicksal, gegen das er sich auflehnen muss. Aus seiner Einsamkeit erwächst vielmehr ein tiefes Verständnis für die Vergessenen unserer Tage, die Deklassierten und an den Rand Gedrängten. Mr. May kämpft um ihre Würde und will ihnen im Tod das zurückgeben, was ihnen im Leben genommen wurde.

Nur passt seine Sorgfalt nicht mehr in eine Zeit, in der sich alles um Effektivität dreht. Also wird John May entlassen. Er darf noch einen letzten Fall bearbeiten. Nur die Umstände, unter denen Mr. May entlassen wird, verweisen unmissverständlich auf die gesellschaftlichen Verhältnisse in England.

Eddie Marsan nimmt sich in der Rolle des unangepassten Beamten, der sich nur seinem Kodex und nicht den wechselnden Normen der Gesellschaft verpflichtet fühlt, ganz zurück. Mit seinen unauffälligen dunklen Anzügen und seiner immer etwas gebückten Haltung wirkt es fast so, als wolle dieser Mr. May möglichst wenig auffallen. Aber gerade dieser Habitus des nahezu Unsichtbaren hat etwas Widerständiges. In einer Gesellschaft, die sich in Äußerlichkeiten verliert, stehen Eddie Marsan und Mr. May für ein anderes Ethos. Sie erinnern einen daran, was wirklich wichtig ist.

(epd)
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