"Northmen — A Viking Saga" Rollende Köpfe aus guter alter Wikinger-Zeit

New York · "Northmen – A Viking Saga" ist ein brachialer Actionkracher im Kostüm eines Historienschinkens. Überzeugend ist er weniger.

 Tom Hopper als Wikinger Asbjörn in einer Szene des Kinofilms "Northmen - A Viking Saga".

Tom Hopper als Wikinger Asbjörn in einer Szene des Kinofilms "Northmen - A Viking Saga".

Foto: dpa, sab

"Northmen — A Viking Saga" ist ein brachialer Actionkracher im Kostüm eines Historienschinkens. Überzeugend ist er weniger.

Angenommen, wir wollen einen Kinofilm machen, der Geld bringt - und zwar möglichst viel. Das ist die einzige Prämisse; Qualität, Drehbuch und Darstellerleistung spielen erstmal keine Rolle. Wikinger sind angesagt, breite Fanbase im Internet und viele Action-Möglichkeiten. Mit historischer Präzision muss man es nicht genau nehmen. Man könnte eine Gruppe von nicht allzu eitlen Schauspielern aus der internationalen B- oder C-Prominenz zusammenstellen, sie mit schmutzigen Fellen und blutigen Doppeläxten ausstatten und aufeinander loslassen.

Dazu noch schöne Landschaftsbilder für die Optik, ein paar solide Effekte in den Schlachten und mittendrin eine Frau. Die sich aber auch mal die Hände schmutzig macht und nicht nur die ganze Zeit schreit, es ist schließlich das neue Jahrtausend. Fertig.

Der Fairness halber sei hier gesagt, dass "Northmen — A Viking Saga", ein brachialer Actionkracher im Kostüm eines Historienschinkens, sein Genre absolut souverän bedient. Es gibt starke Krieger und blutige Kämpfe, klotzige Sprüche und spaßige Dialoge, raue Landschaften voller Dunst und jede Menge Testosteron-Reibereien. Im Jahr 873 begibt sich eine Horde furchtloser Wikinger auf eine gefährliche Odyssee durch feindliches Gebiet. Vom eigenen König verbannt, strandet die Truppe unter dem Kommando ihres Anführers Asbjörn (Tom Hopper) an der Küste Schottlands, wo man sie absolut nicht haben will.

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Während eines verlustreichen Kampfes mit der Küstenwache bringen sie die junge Edeldame Lady Inghean (Charlie Murphy) in ihre Gewalt, die sich etwas spät als die Tochter des schottischen Königs entpuppt. Sie soll ihre Entführer als Geisel und Lebensversicherung auf dem Weg ins weit entfernte Danelag begleiten, eine sichere Wikingersiedlung. Doch der König hetzt Asbjörn das berüchtigte "Wolfsrudel" auf den Hals, einen grausamen und bewundernswert effizient mordenden Söldnertrupp unter der Leitung des sadistischen Hjorr (Ed Skrein).

Von diesem Punkt an wird regelmäßig gewandert und noch regelmäßiger gestorben. Der Schweizer Regisseur Claudio Fäh ("Sniper: Reloaded") beherrscht die Dramaturgie des Dezimierens mit geradezu lässiger Eleganz. Das Wolfsrudel als klar definiertes Böses ist eine Gruppe ununterscheidbarer Schlächter, eine klumpige schwarze Wolke, die sich hinter den Flüchtenden über das Land wälzt. Die Guten sind mit ein wenig mehr Detailliebe gezeichnet. Asbjörn, gespielt von "Black Sails"-Serienpirat Tom Hopper, trägt einen Vaterkomplex und Autoritätsprobleme mit sich herum, denen die alsbald verliebte Lady Inghean relativ schnell auf den Grund kommt. Es gibt den weisen alten Kämpfer, der einfach nicht totzukriegen ist und selbst Stürze in klaffende Schluchten überlebt. Den schillernd zwielichtigen Aufrührer (Leo Gregory), der jederzeit die Seiten wechseln könnte. Den treuen, niemals wankenden Bogenschützen Thorald, dargestellt vom deutschen Schauspieler Ken Duken.

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"Northmen" ist natürlich nicht der erste Film, der von der Idee bis zum Merchandising aus rein kommerziellen Gründen entstand, aber selten bekennen die Macher sich so schamlos dazu. Freimütig erklären die Produzenten, warum sie die Wikingerzeit wählten ("Das Thema funktioniert überall auf der Welt"), Fäh als Regisseur ("All seine bisherigen Projekte waren Actionfilme") und Hopper ("große Fangemeinde"). Aus Budgetgründen kam Schottland als Drehort von vornherein nicht in Frage. Nachdem auch Nordirland und Bulgarien wegen zu hoher Kosten ausgeschieden waren, landete das Team schließlich in Südafrika. Den epischen, teilweise großartigen Panoramabildern schadet das überhaupt nicht; sie bringen sogar ein wenig "Herr der Ringe"-Flair in den Film, wenn die Kamera im Vogelflug der Gruppe durch hügelige Landschaften folgt.

Überhaupt hat "Northmen" was Nostalgisches, und nicht nur, weil es bei den Kämpfen so schön rustikal zugeht. Es sausen die Pfeile und fliegen die Äxte, gelegentlich ist mal ein abgehackter Kopf dazwischen. Die Kampfsequenzen inszenierte Fäh weitgehend natürlich. So sorgt er für einen gewissen erdigen Charme, der es allerdings nie ganz bis zur Selbstironie schafft. Dafür klaubt der Film sich zu rücksichtslos Versatzstücke aus Vorgängern zusammen. Die neblige Mystik aus "Highlander", das amazonenhafte Selbstbewusstsein der Lady Inghean, das man noch von Keira Knightley in "King Arthur" kennt. Genrefans betreten hier nirgendwo Neuland, dürften sich aber angemessen unterhalten fühlen.

Seinen Auftrag - die Sache mit dem Geld - wird der Film erfüllen, das offene Ende deutet bereits eine Fortsetzung an. Was will man mehr?

(RP)
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