Bushido-Film "Zeiten ändern dich" So schlimm ist der gar nicht

Düsseldorf (RP). Bushido, lange Zeit der böse Bube der deutschen Rap-Szene, ist seit geraumer Zeit dabei, sein Ghetto-Image abzustreifen, um ins bürgerliche Lager zu wechseln. Statt im Berliner Bezirk Tempelhof lebt der Multimillionär inzwischen in einer Luxusvilla in Lichterfelde. Eingeläutet wurde der Wandel von Anis Mohamed Youssef Ferchichi, wie Bushio bürgerlich heißt, 2008 mit seiner Autobiografie. Wochenlang stand sie an der Spitze der Bestsellerlisten. So war es nur eine Frage der Zeit, bis die Lebensbeichte verfilmt werden würde.

Bushidos Film feiert Premiere
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Und dann beginnt der Film, und Bushido liest aus dem Off etwas vor, und man will schon jetzt am liebsten wegrennen. Es klingt schlimm, da kämpft einer mit den Worten, betont falsch und meistens gar nicht, was an sich nicht schlimm ist. Aber warum lässt man ihn über zwei Stunden lang unhandliche Sätze wie diesen runterleiern: "Respekt war schon immer eine Sache, die wichtig war für mich."

Man weiß nicht, was Bernd Eichinger und Uli Edel wollten, ein Drama, eine Sozialstudie oder eine Komödie. Es ist in jedem Fall so missraten wie die Szene, in der der künftige Fäkal-Reimer in der Deutschstunde den "Erlkönig" ablesen soll. Er stellt sich hin, wirft die Kapuze über den Kopf und beginnt die klassischen Verse zu rappen. Ein deutscher Mitschüler holt daraufhin die Fäuste raus. Dem blutenden Bushido läuft ein Mädchen hinterher, es sagt: "Respekt!" Hier ist nichts echt, hier lebt nichts, es ist nur Projektion und peinlich. "Zeiten ändern dich" nach Motiven der Biografie des Rappers Bushido ist eine unfreiwillige Farce.

Revueartig bekommt der Zuschauer Szenen aus Kindheit und Adoleszenz des Deutsch-Tunesiers Anis Mohammed Yussuf Ferchichi vorgeführt. Von irgendwo kommt immer jemand mit Eisenstange oder Schlagring angerannt, so ist das wohl in Berlin, da muss man ja zum Kriminellen werden, und verdroschen wird natürlich in Zeitlupe. Zur Verzierung streuen die Macher reichlich Kraftausdrücke über die Soße, aber deutsche Schauspieler "krass", "korrekt" und so was sagen zu lassen, macht sie auch nicht glaubwürdiger.

Überhaupt, die Glaubwürdigkeit. Da ist die Szene, in der Bushido mit Minimal-Rhetorik und Null-Logik eine Richterin überzeugt, ihn aus dem Knast zu entlassen. Da ist das Essen Bushidos mit den reichen Eltern seiner Freundin, das in einer Orgie auf dem Fell des toten Familienkaters endet. Im Kinosaal steht ein Fragezeichen. Hannelore Elsner agiert irgendwo jenseits des Sirius, Moritz Bleibtreu weiß auch nicht so recht, und Uwe Ochsenknecht rettet sich ins Chargieren. Es bleibt Bushido selbst, der die Hauptrolle in seinem Biopic spielt oder besser: ist. Er steht da, macht ein bisschen mit den Armen rum und hofft, dass er sich nicht verhaspelt.

Dabei hätte das durchaus etwas werden können. Dass gerappte Ghettomärchen funktionieren, zeigen die Vorbilder "8 Mile" mit Eminem und "Notorious" über Notorious B.I.G. — Produktionen, die mit Authentizität überzeugen. Man hatte Ähnliches vom Team der "Christiane F." und des "Baader Meinhof Komplex" erwartet. Das waren Filme, die nicht jedem gefielen, aber Zeitgeschichte so aufbereiteten, dass sie spannend nachzuerleben war und Reibefläche bot.

Vielleicht denkt Eichinger: Der Bushido, der ist, wie ich einst war — dagegen. Womöglich dient die versuchte Annäherung als Erinnerungsarbeit in eigener Sache. Zur Kultur des Rap, zur Sendung Bushidos hat er aber keinen Bezug. "Zeiten ändern dich" ist ein Instant-Produkt ohne Wahrhaftigkeit, ein Imagefilm zur Ehrenrettung eines indiskutablen Künstlers und phänomenalen Geschäftsmannes.

Es bleibt die Erinnerung an das Zitat Claus Klebers aus dem "Heute Journal": "Bushido lacht sich krank, auf seinem Weg zur Bank."

Bewertung: 1 von 5 Sternen

(RP)
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