Oscarfavorit "12 Years a Slave" Brutales, überragendes und wichtiges Kino

Düsseldorf · Seit dem Toronto Film Festival vor wenigen Monaten ist "12 Years a Slave" in aller Munde. Das Drama vom grandiosen Regisseur Steve McQueen ist großartiges, aber vor allen Dingen wichtiges Kino.

"12 Years a Slave": Das ist der große Oscarfavorit
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Früh in diesem Film wird Solomun Northup eine Schlinge um den Hals gelegt. Ein Gutsbesitzer hängt den Sklaven auf, er spannt das Seil aber nur so weit, dass der gefesselte Mann auf Zehenspitzen gerade noch stehen kann. So tänzelt Solomun Northup stundenlang in der Hitze der Südstaaten auf den Fußspitzen. Würde er aufgeben, sich ergeben, strangulierte er sich selbst. Die Szene dauert mehrere Minuten. Northups Gesicht ist in Großaufnahme zu sehen. Es ist eine Qual. Auch für den Zuschauer.

"12 Years A Slave" erzählt eine wahre Geschichte. Solomun Northup war schwarz, er lebte Mitte des 19. Jahrhunderts im Bundesstaat New York. Dort gab es keine Sklaverei mehr, doch zwei Männer luden Northup ein, mit ihnen zu feiern. Sie machten ihn betrunken, verschleppten ihn nach Washington und verkauften ihn nach Louisiana, wo er zwölf Jahre als Sklave arbeitete. Er konnte keine Nachricht an seine Frau und die zwei Kinder senden, allein die Hoffnung auf Rettung hielt ihn am Leben. Nachdem er tatsächlich befreit wurde, schrieb er ein Buch über seine Erlebnisse.

McQueen brilliert erneut

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Der britische Künstler Steve McQueen ("Hunger", "Shame") verfilmte dieses Buch, und was auf den ersten Blick aussieht wie ein Historiendrama im Stil klassischer Hollywood-Epen, ist ein Versuch darüber, wie man mit traditionellen Mitteln menschliches Leid nachvollziehbar machen kann. McQueen steigert die Qualen bis an die Grenze der Aufnahmefähigkeit, und das Dilemma ist, dass Northup nicht aufbegehren kann, sondern einfach hinnimmt, weil anderenfalls nicht nur er selbst getötet werden würde, sondern auch seine Leidensgenossen. Zur körperlichen Folter kommt die psychische.

Michael Fassbender tritt als sadistischer Gutsherr auf, der Soundtrack des Films besteht aus dem Platzen von Fleisch, dem Brechen von Knochen und Schmerzenslauten. Das ist ein handwerklich perfekter Film von größtmöglicher Eindringlichkeit, zu Recht als Oscarfavorit gehandelt. Engagiertes Kino, das die Bedingungen von Freiheit reflektiert. Grandios ist Chiwetel Ejiofor in der Hauptrolle. Er sieht in die Kamera, der Blick eine Anklage: Warum tut ihr mir das an? Man verlässt das Kino ohne Antwort.

(RP)
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