Blockbuster-Sequel kommt in die Kinos "Tribute von Panem" — die Saga geht weiter

Düsseldorf · "Catching Fire" heißt der zweite Teil der erfolgreichen Film-Reihe. Wieder spielt Jennifer Lawrence die Rolle der jugendlichen Rebellin Katniss Everdeen. Der Film ist die Überleitung zum Finale, er hält die Klasse von Teil eins.

"Die Tribute von Panem: Catching Fire"
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Vielleicht zeigt gerade das die Qualität dieser Geschichte: dass seine Heldin eben nicht strahlt, sondern zweifelt und hadert und dass man ständig in Sorge sein muss, sie könne zerbrechen. Katniss Everdeen heißt die 16-Jährige, die das US-Magazin "Atlantic" jüngst zur "wichtigsten weiblichen Persönlichkeit der Gegenwart" ausgerufen hat. Sie ist die Hauptfigur der weltweit rund 50 Millionen Mal verkauften Romantrilogie "Die Tribute von Panem" der US-Autorin Suzanne Collins. Am Donnerstag kommt die Verfilmung des zweiten Teils ins Kino, wieder spielt Jennifer Lawrence die Hauptrolle. Der Film hält die Klasse des Vorgängers, aber er hat nichts Beruhigendes — im Gegenteil. Am Ende der zweieinhalb Stunden ist man erledigt und fragt sich: Gibt es noch Rettung für Katniss Everdeen? Und für uns?

Die Bücher und Filme beschreiben eine Welt nach der Katastrophe, dystopisch nennt man solche Blicke in eine Zeit, die auf unsere folgt, jede zweite Neuerscheinung auf dem Jugendbuchmarkt gehört in dieses Genre. Bei Suzanne Collins klingt das so: Auf dem Gebiet des heutigen Nordamerika wurde der Überwachungsstaat Panem errichtet, er wird von einer Zentralregierung mit absoluter Macht regiert. In zwölf Distrikte ist das Land unterteilt, jeder übernimmt eine Versorgungsaufgabe, aber gut geht es nur den Hauptstädtern in "Kapitol", der Rest lebt in Armut und Angst. Einst existierte ein 13. Distrikt, aber die Menschen dort begehrten gegen die Führung auf, also wurden sie ausgelöscht. Als Mahnung werden in jedem Distrikt einmal im Jahr jeweils zwei Teenager rekrutiert, die sich zur Belustigung der perversen Hauptstadt-Elite in einer mehrere Tage dauernden Fernsehshow bekämpfen sollen. Nur eines dieser "Tribute" kann gewinnen. Der Lohn: das Überleben — das eigene und das der Familie.

Vergeltung erwünscht

Katniss hatte sich in Teil eins freiwillig gemeldet, weil sonst ihre jüngere Schwester eingezogen worden wäre. Und sie gewann die Spiele, indem sie die Regeln unterlief. Sie fingierte eine Liebesbeziehung zu Peeta, einem Jungen aus ihrem Distrikt, sie brachte die Regie der sogenannten "Hunger Games" dazu, Peeta und sie überleben zu lassen. Für diese ideologische Niederlage will Panems Präsident nun Vergeltung.

Bisher durften Sieger der Hungerspiele in Frieden und Wohlstand leben, doch Katniss muss noch einmal in die Arena. Sie tritt gegen eine Auswahl aus Gewinnerkollegen der Vorjahre an, es sollen die Spiele der Spiele werden, einziges Ziel ist der Tod Katniss Everdeens. Im Grunde erzählt "Catching Fire" also dieselbe Geschichte wie der Vorgänger, aber er arbeitet das Dilemma von Katniss schärfer heraus: Keine anständige Person kann die Spiele gewinnen. Man muss zum Mörder werden, um zu überleben. Was tun?

"Die Tribute von Panem" wurden gleich nach dem Erscheinen des ersten Bands vor fünf Jahren als mythische Erzählung gelesen. Mythen sollen Symbole liefern, die den Menschen vorwärtstragen und anderen Fantasiebildern entgegen wirken, die ihn an die Vergangenheit ketten. Mythen stärken dem Individuum den Rücken, und so betrachtet taugt Katniss perfekt als heilige Johanna der Postapokalypse. Sogar die Occupy-Bewegung begrüßte die Ankunft der Frau, die die Mächtigen durch Intellekt und Intuition düpiert und um die Bedeutung widerständiger Gesten weiß.

Rebellion liegt in der Luft

Der Präsident von Panem versucht in "Catching Fire" zunächst, den Widerstand von Katniss zu verstaatlichen, ihre Symbolwelt zu vereinnahmen. Doch die Menschen beginnen aufzustehen, sie sprühen den Vogel auf Häuserwände, der die Brosche von Katniss schmückt, und sie recken wie Katniss drei Finger zum Himmel. Die Ausgestoßenen formieren sich zur Gemeinschaft, die Rebellion beginnt.

Regisseur Francis Lawrence hat "Catching Fire" rasant inszeniert, die Arena ist nun ein gigantischer Dschungel, in dem der neue Spielleiter (Philip Seymour Hoffman) Tsunamis auslöst, Paviane angreifen und giftigen Nebel aufsteigen lässt. Es geht brutal zu und doch nicht so blutig wie im Buch; der Sadismus liegt in der Zwangslage von Katniss: Wie rette ich meine Familie, ohne mich selbst zu verraten?

Dieser Mittelteil der Trilogie hat eine Brückenfunktion, er verbindet den Entwurf eines totalitäten Staates mit dem Ausbruch der Revolution, und im Mittelpunkt steht die Veränderung in der Persönlichkeit seiner Heldin. Der Zuschauer begegnet einer veränderten Katniss. Sie scheint zum Symbol erstarrt zu sein, wirkt wie ausgekühlt. Sie geht voran, aber sie hat das Selbstvertrauen verloren, ebenso die Deutungshoheit über ihr eigenes Bild in der Öffentlichkeit. Doch diesmal kann sie auf Verbündete bauen, es sind andere, als man gedacht hatte, und als sie einen Pfeil gegen die Kuppel schießt, die die Arena überwölbt, beginnt eine neue Zeit.

"Catching Fire" endet mit einem Cliffhanger, er ist reine Überleitung und doch ein starker Film. Er reflektiert, wie weit man mitgehen darf, ohne verstrickt zu werden, er beschreibt das Labyrinth, in das man sich begibt, wenn man entscheiden muss zwischen richtig und falsch. Und weil er seine Zuschauer ernst nimmt, lässt er offen, ob es möglich ist, wieder herauszufinden. Noch darf man indes hoffen: Katniss ist angeschlagen. Aber sie lebt.

(hols)
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