Kino-Kritik Worüber sich die Franzosen totlachen

Düsseldorf (RP). Mit das Schlimmste, was einem Südfranzosen passieren kann, ist eine Strafversetzung in den Norden. Kein Wunder also, dass der brave Postbeamte Philipe (Kad Merad) bedröppelt aus der Wäsche guckt, als ihm dieses Schicksal droht.

 Szene aus "Willkommen bei den Sch’tis".

Szene aus "Willkommen bei den Sch’tis".

Foto: Prokino

Denn über die Gegend da oben nahe der belgischen Grenze kursieren kuriose Gerüchte. Nicht nur, dass die dortigen Eingeborenen, Sch'tis genannt, einen seltsamen Dialekt brabbeln und sich bei ihnen die meisten "S"-Laute in "Sch"-Laute verwandeln. Nein, auch die ständigen Regenfälle, die tiefen Temperaturen und die unappetitlichen Essgewohnheiten, zu denen auch gegrillte Haustiere zählen sollen, klingen alles andere als verlockend.

So bricht der arme Mann allein auf ohne Frau und Kind, verpackt in eine dicke Daunenjacke, und schon bei seiner Ankunft in Bergues scheinen sich alle Befürchtungen zu bestätigen. Es gießt wie aus Kübeln, und dann läuft ihm auch noch der betrunkene Briefträger Antoine (Dany Boon) vors Auto, der selbst im nüchternen Zustand unverständliches Zeug quasselt. Doch mit der Zeit lernt Philipe das Leben vor Ort und die schrulligen Bewohner zu schätzen. Ja, und selbst die Sonne scheint zuweilen. "Ein Fremder, der in den Norden kommt, weint zwei Mal", lautet ein Sprichwort der Sch'tis, "wenn er ankommt und wenn er abfährt".

Mit seiner Liebeserklärung an seine Heimatregion, das nordfranzösische Nord-Pas-de-Calais, lockte Regisseur Dany Boon im Nachbarland über 20 Millionen Zuschauer in die Kinos. Wie er in dieser witzigen wie warmherzigen Komödie Süd- und Nordfranzosen gleichermaßen auf die Schippe nimmt, wie er Vorurteile abbaut und aus kauzigen Charakteren liebenswürdige Figuren macht, das hat Charme. Nicht nur, wenn Philipe und Antoine auf klapprigen Drahteseln durchs Örtchen radeln, fühlt man sich an die legendären Filme eines Jacques Tati erinnert. Am Ende darf der Strafversetzte dann doch wieder in den Süden ziehen, obwohl er im Grunde nicht weg will. "Ich weine ja gar nicht", sagt Philip beim Abschied. "Doch", bemerkt Antoine, "du weinscht."

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