Die besten Filme aller Zeiten Platz 8: Woody Allens "Manhattan"

Düsseldorf · Man kann Woody Allen für seine europäische Phase lieben, für raffinierte Thriller wie "Match Point" oder für sarkastische Gesellschaftssatiren wie "Blue Jasmine". Man kann den intellektuellen Humoristen Allen mögen, der Grotesken wie "Die letzte Nacht des Boris Gruschenko" drehte, oder den ehrlichen Komiker aus "Bananas".

Es soll sogar Menschen geben, die den schwermütigen Ingmar-Bergman-Allen schätzen, der es mit "Innenleben" vollkommen ernst meint. Am Ende wird Woody Allen aber doch der Regisseur gewesen sein, der New York als die anregendste, neurotischste, großartigste Metropole der Welt inszeniert hat. Als Stadt der ruhelosen Intellektuellen. Und das tut Woody Allen am stimmigsten in "Manhattan".

Es ist nicht nur die Eröffnungssequenz, das Eintauchen in eine berühmte Silhouette zu Musik von George Gershwin und dem komischen Gestammel eines Melancholikers, dem Witze am besten gelingen, wenn sie auf eigene Kosten gehen. "Manhattan" ist das Porträt einer Großstadt. Es ist die satirische Beschreibung von Großstädtern, die sich mit Beziehungsproblemen herumschlagen, weil es ihnen hilft, nicht über die wirklichen Fragen des Lebens nachzudenken. Und es ist ein Film über Woody Allen.

Das ist das Unbequeme an dieser Komödie in Schwarz-Weiß. Allen spielt darin sein stilisiertes Alter Ego, den verzweifelten Gag-Schreiber Isaac, der von seiner Ex-Frau mit einem peinlichen Enthüllungsbuch drangsaliert wird. Wunderbar kühl gespielt von Meryl Streep. Der sich in eine Journalistin verliebt, die eigentlich nur um sich selbst kreist und ihn bald verlässt. Wunderbar narzisstisch gespielt von Diane Keaton. Der aber eigentlich in ein ganz junges Mädchen verliebt ist, in Tracy, noch keine 18, eine Schauspielschülerin, deren naive Ernsthaftigkeit und kindliche Geradlinigkeit ihn rühren.

"Manhattan" kam 1979 in die Kinos. Die Schlammschlachten nach der Scheidung von Mia Farrow lagen da noch vor Woody Allen. Noch war nicht die Rede von Kindesmissbrauch und der Hochzeit mit Farrows Adoptivtochter Soon-Yi Previn. Man hat das heute im Hinterkopf, wenn man ihn im Film mit zerknirschter Miene neben einem Skelett stehen sieht und hört, wie er über das Dilemma mit den Frauen jammert. Gerührt habe ihn nur eine, wird er später sagen und zu Tracy laufen, um sie von einer Europareise abzuhalten. Und er wird der Dumme sein in dieser Szene, der unreife Mann, der sein Glück zu spät erkannte.

Da ist Woody Allen der Tramp, der traurige Herumtreiber, der das Blumenmädchen liebt, wie einst Charlie Chaplin in "Lichter der Großstadt". Das Tragikomische ist ja auch Allen ins Gesicht geschrieben, wenn er über die Liebe spricht und an den Tod denkt. In "Manhattan" liegt er einmal allein auf dem Sofa und zählt Dinge auf, die das Leben lebenswert machen: Groucho Marx, der 2. Satz der Jupitersinfonie, Flaubert, Cézanne, Sinatra.

Man kann Woody Allen getrost hinzufügen. Und in ähnlicher Stimmung "Manhattan" schauen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema