Liebesleid in Lanzenkirchen

Das Kino-Debüt "Siebzehn" erzählt von der Sehnsucht nach den Sommerferien.

Es ist so schwierig, Filme und Bücher über dieses Alter zu machen, denn mit 17 ist alles Transit, die Gegenwart hat keine Kontur, alles ist vage und auf jeden Fall mehr morgen als gestern. Die österreichische Kino-Debütantin Monja Art hat es dennoch gewagt, zum Glück, denn "Siebzehn" ist ein sehr schöner und diskreter Film, da steckt viel Wahrheit drin, und wenn sie über das Thema je einen Roman schreiben sollte, möge Art ihn bitte mit dem Satz beginnen lassen, den sie auf das Werbematerial zu ihrer Produktion hat drucken lassen: "Draußen hört man Blasmusik, ein Mähdrescher zieht seine Bahnen, und mit etwas Glück kommt bald ein Bus."

Im Mittelpunkt des Films steht Paula, sie lebt in Niederösterreich, und es sind nur noch wenige Tage bis zu den Sommerferien. Paula hat sich in ihre Mitschülerin Charlotte verliebt. Sie schaut oft zu ihr herüber, aber Charlotte ist mit Michael zusammen. Der Film hat etwas Dokumentarisches, er kommt den Hauptfiguren nahe, ohne sie bloßzustellen, und Monja Art erzählt immer nur so viel, dass man nicht weiß, aber doch ahnt, wie sich ihre Figuren fühlen.

Es ist großartig, mit welcher Beiläufigkeit hier die Schwärmerei eines Mädchens für ein Mädchen erzählt wird. Wenn sich Paula vorstellt, wie sie Charlotte küsst, sieht man diesen Traum als Vision in Klammern, wenn sie Nachrichten via Facebook schreibt, sieht man den Handybildschirm vergrößert auf der Leinwand, und das alles ist nie aufdringlich oder bloß Effekt, sondern spiegelt die natürliche Lebenswelt der Porträtierten.

Die 17 Jahre alte Elisabeth Wabitsch spielt die Paula, sie macht das toll, man will ihr ständig zureden und sie mit dem Wissen versorgen, was nur der Zuschauer hat: dass nämlich Charlotte die Gefühle erwidert, dass sie ihren Freund Michael genauso doof und stoffelig findet wie man selbst. Aber es nützt nichts, Verliebte müssen ohne den Blick von oben klarkommen. Liebesleid in Lanzenkirchen.

Die Jugendlichen treffen sich in einer Disco, die "Shake" heißt. Sie leben zwischen flachen und langgestreckten Feldern und sehnen sich nach Wien. Sie lesen "Madame Bovary", hören Wanda und Bilderbuch, sie schauen "Sturmhöhe" und trinken Bier und Schnaps, und sie wissen auch nicht so genau, ob alles bleibt, wie es ist.

Monja Art hat mit "Siebzehn" einen Zustandsbericht aus der Zwischenzeit geliefert. Einen Film über die gedehnte Weile, die Dynamik des Begehrens und den Nebel vor den Augen. Das Glück liegt meist ganz nah, aber der Sommer ist immer zu kurz.

Siebzehn, Österreich 2016 - Regie: Monja Art. mit Elisabeth Wabitsch, 104 Min.

(hols)
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